Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- bzw Pflegeversicherung. Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Auffangpflichtversicherung
Leitsatz (amtlich)
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 liegen auch dann vor, wenn ein Versicherter den Zustand der fehlenden Absicherung im Krankheitsfall durch eine eigene Kündigung der Mitgliedschaft bei der Postbeamtenkrankenkasse selber herbeiführt und eine Wiederaufnahme dort nicht möglich ist.
Orientierungssatz
Das Versicherungssystem der Postbeamtenkrankenkasse muss nicht dem Bereich der privaten Krankenversicherung zugeordnet werden und bietet damit auch keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall iS von § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 (Anschluss an BSG vom 12.1.2011 - B 12 KR 11/09 R = BSGE 107, 177 = SozR 4-2500 § 5 Nr 13).
Tenor
1. Die Bescheide vom 04.07.2013 und 29.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2014 werden aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Klägerin seit dem 01.01.2014 pflichtversichertes Mitglied in der Kranken- und Pflegeversicherung der Beklagten ist.
2. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Versicherungsschutz nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.
Die Klägerin war in den Jahren 1958 bis 1963 bei der Beklagten versichert. Vom 01.06.1963 bis 31.12.2013 bestand eine Mitgliedschaft bei der Postbeamtenkrankenkasse. Bis zum 30.04.2002 erfolgte die Versicherung über den damaligen Ehegatten. Zum 01.05.2002 wurde die Mitversicherung wegen der Ehescheidung der Klägerin in eine eigene Mitgliedschaft bei Postbeamtenkrankenkasse umgewandelt. Diese Mitgliedschaft hat die Klägerin am 20.06.2013 aus finanziellen Gründen zum 31.12.2013 gekündigt. Die Postbeamtenkrankenkasse hat die Kündigung bestätigt.
Am 24.06.2013 unterzeichnete die Klägerin eine Mitgliedschaftserklärung bei der Beklagten. Mit Schreiben vom 04.07.2013 - ohne Rechtsbehelfsbelehrung - teilte die Beklagte mit, dass eine Versicherung ab dem 01.01.2014 nicht zustande kommen könne. Die Klägerin habe die Möglichkeit, bei der Postbeamtenkrankenkasse versichert zu bleiben. Mit weiterem Schreiben vom 29.07.2013 - ebenfalls ohne Rechtsbehelfsbelehrung - teilte die Beklagte mit, dass die Klägerin einen Anspruch auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall habe. Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei nicht eingeführt worden, um Bürger, die ihre Absicherung im Krankheitsfall aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten beenden, zu versichern. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei eine subsidiäre Absicherung für Personen, die weder Zugang zur gesetzlichen noch zur privaten Krankenversicherung hätten.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 09.01.2014 jeweils Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2014 zurückwies. Zur Begründung führte sie aus, dass § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seiner Funktion nach dazu diene, eine subsidiäre Absicherung für Personen zu schaffen, die weder Zugang zur gesetzlichen noch zur privaten Krankenversicherung haben. Eine willkürliche Herbeiführung dieser Situation falle hingegen nicht in den Anwendungsbereich von § 5 Abs.1 Nr. 13 SGB V.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Klage vom 19.02.2014. Zur Begründung nahm sie Bezug auf die Gründe des Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zum Aktenzeichen S 6 KR 2/14 ER.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide vom 04.07.2013 und 29.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2014 aufzuheben und festzustellen, dass sie seit dem 01.01.2014 pflichtversichertes Mitglied in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bei der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf die Gründe des Widerspruchsbescheides.
Die Beteiligten haben vor Erlass des Widerspruchsbescheides ein Einstweiliges Rechtsschutzverfahren zum Aktenzeichen S 6 KR 2/14 ER geführt.
Das Gericht hat in diesem Verfahren die Postbeamtenkrankenkasse beigeladen. Diese hat mitgeteilt, dass nach der wirksamen Kündigung zum 31.12.2013 kein Versicherungsschutz bei ihr für die Klägerin mehr hergestellt werden könne. Sie sei seit dem 01.01.1995 in ihrem Bestand geschlossen und werde nur mit dem Ziel der Abwicklung weitergeführt (§ 26 Abs. 2 BAPostG). Es gebe nur noch wenige sehr enge Tatbestände, die eine Aufnahme ermöglichten. Eine Mitgliedschaft könne nur noch aus einem abgeleiteten früheren Recht heraus für einen bestimmten Personenkreis nach § 12 Abs. 1 der Satzung begründet werden. Einen derartigen Aufnahmegrund erfülle die Klägerin nicht.
Das Gericht hat dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 13.01.2014 stattgegeben und die Akte zum Hauptsacheverfahren beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagte sowie die Gerichtsakten verwiesen, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Kla...