Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Ermittlung des Bemessungseinkommens. rückwirkende Festsetzung der Erfahrungsstufe. Nachzahlung von Bezügen im neuen Kalenderjahr. Zufluss außerhalb der Dreiwochenfrist. Steuerrechtsakzessorietät. Einstufung als sonstiger Bezug
Leitsatz (amtlich)
Eine Bezügenachzahlung für das abgelaufene Kalenderjahr stellt lohnsteuerlich einen sonstigen Bezug dar und wird bei der Bemessung des Elterngeldes nicht berücksichtigt, sofern die Nachzahlung nicht innerhalb von drei Wochen nach Ende des abgelaufenen Kalenderjahres dem Elterngeldberechtigten zufließt.
Orientierungssatz
Zum Leitsatz vgl BSG vom 27.6.2019 - B 10 EG 2/18 = BSGE 128, 243 = SozR 4-7837 § 2c Nr 5.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung höheren Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) unter Berücksichtigung einer Dienstbezügenachzahlung aufgrund einer rückwirkenden Stufenfestsetzung als Erwerbseinkommen im Bemessungszeitraum.
Die 1982 geborene und verheiratete Klägerin ist als verbeamtete Lehrerin im Schuldienst des Landes Hessen berufstätig. Bei Antritt ihrer Teilzeitarbeitsstelle zum 01.08.2018 wurde sie zunächst vorläufig in Besoldungsgruppe A 12 und Erfahrungsstufe 1 mit einem monatlichen Grundgehalt von 1.605,64 Euro brutto eingestuft. Mit Bescheid vom 03.01.2019 nahm die Hessische Bezügestelle beim Regierungspräsidium Kassel die abschließende Stufenfestsetzung für die Dienstbezüge vor und stufte die Klägerin rückwirkend ab August 2018 in die höhere Erfahrungsstufe 4 mit einem monatlichen Grundgehalt von 1.864,21 Euro ein. Die Nachzahlung der Bezügedifferenz aufgrund der rückwirkenden Stufenerhöhung erhielt die Klägerin erst Ende Januar 2019 mit den im Voraus gezahlten laufenden Dienstbezügen für Februar 2019. Im Nachweis über die Bezüge für Februar 2019 errechnete die Hessische Bezügestelle für den Zeitraum August bis Dezember 2018 eine Nachzahlung je Kalendermonat in Höhe von 271,50 Euro brutto (258,57 Euro Grundgehalt zuzüglich 12,93 Euro Sonderzahlung monatlich). Hieraus ergab sich ein Bruttonachzahlungsbetrag in Höhe von 1.357,50 Euro. Ebenso errechnete die Hessische Bezügestelle einen Bruttonachzahlungsbetrag für Januar 2019 in Höhe von 271,50 Euro. Die Bezügenachzahlung für August bis Dezember 2018 wurde lohnsteuerrechtlich als Einmalzahlung (sonstiger Bezug) im Bezügenachweis für Februar 2019 behandelt, diejenige für den Monat Januar 2019 als laufender Arbeitslohn. Das laufende Bruttoentgelt für den Februar 2019 betrug einschließlich Grundgehalt, Sonderzahlung und Zuschläge 2.125,19 Euro.
Am XX.XX.2019 wurde die Tochter der Klägerin geboren. Die Klägerin wohnt gemeinsam mit ihrem Ehemann und Kindsvater sowie ihrer Tochter B. in einem Haushalt.
Am 15.06.2019 beantragte die Klägerin anlässlich der Geburt ihrer Tochter B. die Bewilligung von Basiselterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat. Die hessische Bezügestelle bescheinigte der Klägerin unter dem 04.09.2019 in der Zeit von Juni 2018 bis Mai 2019 ihr laufendes steuerpflichtiges Bruttoeinkommen (Bl. 30 d. Verwaltungsakte). So bescheinigte sie im Einzelnen ein laufendes steuerpflichtiges Bruttoeinkommen von August bis Dezember 2018 in Höhe von 1.853,69 Euro monatlich, von Januar 2019 bis Februar 2019 in Höhe von 2.125,19 Euro monatlich und von März bis Mai 2019 in Höhe von 2.193,67 Euro monatlich. Weiterhin teilte sie mit, dass die Klägerin nach beamtenrechtlichen Vorschriften Dienstbezüge, Anwärterbezüge oder Zuschüsse für die Zeit des Beschäftigungsverbotes vom 12.06.2019 bis 10.08.2019 in Höhe von 5.497,62 Euro erhalten habe.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin Elterngeld mit Bescheid vom 25.09.2019 für den dritten bis zwölften Lebensmonat (XX.XX.2019 bis XX.XX.2020) in Höhe von monatlich 1.081,65 Euro in Form von Basiselterngeld. Für den ersten Lebensmonat (XX.XX.2019 bis XX.XX.2019) gewährte der Beklagte Basiselterngeld in Höhe von 0,00 Euro und zweiten Lebensmonat (XX.XX.2019 bis XX.XX.2019) in Höhe von 34,89 Euro wegen der Anrechnung von Dienst- und Anwärterbezüge sowie Zuschüsse nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Der Beklagte legte bei seiner Berechnung das Einkommen der Klägerin der letzten zwölf Monate vor der Geburt ihres Kindes zugrunde. Hierbei berücksichtigte er für die Kalendermonate Januar 2019 und Februar 2019 jeweils ein Erwerbseinkommen der Klägerin in Höhe von 2.125,19 Euro brutto. Den Nachzahlungsbetrag in Höhe von 1.357,50 Euro brutto ließ der Beklagte unberücksichtigt. Hierzu führte der Beklagte aus, dass die für Februar 2019 erfolgte Dienstbezügenachzahlung betreffend die Monate August bis Dezember 2018 bei der Einkommensermittlung für das Elterngeld nicht berücksichtigt werden könne, da es sich um eine Nachzahlung für das Vorjahr und damit lohnsteuerrechtlich um sonstige Bezüge handle. Der Beklagte legte ein durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen im zwölfmonatigen Bemessungszeitraum ...