Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Sonderbedarfszulassung. Planungsbereich. Berücksichtigung der Versorgungssituation. zumutbarer Weg für die Patienten im Rahmen der spezialisierten fachärztlichen Versorgung. Berücksichtigung der Versorgung in anliegenden Planungsbereichen bzw Raumordnungsregionen
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der unterschiedlichen Gestaltung der Planungsbereiche ist für die Prüfung eines Sonderbedarfs grundsätzlich am Bezug auf den - gesamten - Planungsbereich festzuhalten. Mit dem Absehen des Gesetzgebers von Landkreisen als Planungsbereich für alle Arztgruppen ist aber eine unterschiedliche Versorgungsdichte intendiert. Im Rahmen der spezialisierten fachärztlichen Versorgung können den Patienten daher auch Wege über 25 km zugemutet werden.
2. Bei ergänzenden oder Ermächtigungen ist die Versorgung in angrenzenden Planungsbereichen einzubeziehen, da es unerheblich ist, ob die vermeintliche Versorgungslücke von Leistungserbringern anderer Planungsbereiche gedeckt wird, solange sie nur gedeckt wird.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Sprungrevision zum Bundessozialgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Genehmigung zur Erhöhung des Anstellungsumfangs des Herrn Dr. C., Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie, von 20 auf 40 Wochenstunden im Wege des Sonderbedarfs in der Raumordnungsregion Nordhessen.
Die Klägerin ist eine GmbH und Trägerin des A. MVZ mit Praxissitz in A-Stadt, A-Straße. Im Krankenhaus ist Herr Dr. med. D. C., geb. 1970 und jetzt 49 Jahre alt, als Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie im Umfang von 20 Wochenstunden beschäftigt. Er ist zudem in der Zweigpraxis am Standort des MVZ im Umfang von 20 Wochenstunden beschäftigt. Daneben ist das MVZ nach eigenen Angaben in den Bereichen Pädiatrie, Allgemeinmedizin mit Schwerpunkt Diabetologie, Urologie, Chirurgie, Neurochirurgie, Psychotherapie und Orthopädie tätig. Der Kläger ist ferner im Gesundheits- und Pflegezentrum E-Stadt gGmbH, E-Stadt, E-Straße, mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 6,25 Wochenstunden beschäftigt.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 09.02.2017 beim Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen die Genehmigung zur Erhöhung des Anstellungsumfangs des Herrn Dr. C. auf 40 Wochenstunden am Sitz der Zweigpraxis A- Straße, A-Stadt, im Wege des Sonderbedarfs zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Sie wies auf eine Spezialisierung auf die interdisziplinäre Versorgung der hämato-onkologischen Patienten und die sich über die Quartale II/15 bis IV/16 stetig erhöhten Fallzahlen des Herrn Dr. C. hin. Der nächste Vertragsarztsitz eines Facharztes für Hämatologie und Onkologie befinde sich in F-Stadt, 32,8 km entfernt, bzw. in Zweigniederlassung des Facharztes auch in G-Stadt (19,6 km), weitere Vertragsärzte seien in E-Stadt (22,8 km) und H-Stadt (31,6 km) niedergelassen. Auszugehen sei von einer durchschnittlichen Fallzahl von ca. 600 Patienten pro Quartal. Es sei mit einem Anstieg der Krebserkrankungen zu rechnen.
Die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Hessen empfahl, den Antrag abzulehnen. Sie führte unter Datum vom 05.04.2017 aus, Herr Dr. C. sei derzeit neben seiner Anstellung am MVZ auch als leitender Oberarzt bei den A. Kliniken tätig. In dieser Funktion sei ihm mit Schreiben des Erweiterten Landesausschusses (ELA) vom 18.02.2016 die Genehmigung zur Durchführung einer ambulanten Behandlung im Rahmen der Ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) gemäß § 116b Abs. 2 Satz V i.V.m. der Richtlinie Ambulante spezialfachärztliche Versorgung § 116b SGB V (ASV-RL) sowie Anlage la) onkologische Erkrankungen - Tumorgruppe 1 (Gastrointestinale Tumoren und Tumoren der Bauchhöhle) erteilt worden. Bis zum 30.06.2016 sei Herr Dr. C. darüber hinaus in der MVZ J. GmbH mit 10 Wochenstunden (Faktor 0,25) angestellt gewesen. Diese Tätigkeit sei ebf. in einer Zweigpraxis in A-Stadt ausgeübt worden. Eine im Juli 2015 beantragte Ermächtigung des Herrn Dr. C. sei von den Zulassungsgremien abgelehnt worden. Zur Beurteilung der Versorgungssituation sei grundsätzlich auf den Planungsbereich, hier Raumordnungsregion Nordhessen, abzustellen. Nach den aktuellen Beschlüssen des Landesausschusses vom 24.11.2016 bestehe mit 193,32 % eine fachinternistische Überversorgung. In der Raumordnungsregion Nordhessen mit 872.414 Einwohnern (Stand: 31.12.2015) seien 101 Fachinternisten mit insgesamt 81,75 Versorgungsaufträgen niedergelassen. Hiervon führten 32 Fachinternisten keinen Schwerpunkt, ein Fachinternist den Schwerpunkt Angiologie, ein Fachinternist den Schwerpunkt Endokrinologie, fünf Fachinternisten den Schwerpunkt Gastroenterologie, acht Fachinternisten den Schwerpunkt Hämatologie...