Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Job-Sharing-Verhältnis. kein vorrangiger Anspruch auf Zulassung bzw Wegfall der Leistungsbeschränkungen bei Begründung vor Teilaufhebung der Sperrung des Planungsbereichs. Vorziehen eines Bewerbers im Rahmen der Bewerberauswahl. tatsächliche oder prognostizierte Ausrichtung einer Praxis im Fachgebiet HNO
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Job-Sharing-Verhältnis begründet nur dann einen vorrangigen Anspruch auf Zulassung bzw Wegfall der Leistungsbeschränkungen, wenn es vor einer Teilaufhebung der Sperrung des Planungsbereichs durch den Landesausschuss bereits begründet worden ist.
2. Im Rahmen der von den Zulassungsgremien vorzunehmenden Bewerberauswahl nach teilweiser Entsperrung kann unter dem Gesichtspunkt der Priorisierung bestimmter Versorgungsgesichtspunkte ein Bewerber zunächst den übrigen Bewerbern vorgezogen werden. Hierunter fällt auch der Gesichtspunkt der tatsächlichen oder prognostizierten Ausrichtung einer Praxis, damit im Fachgebiet HNO auch die Ausrichtung auf konservative und/oder operative Tätigkeit.
Orientierungssatz
Aktenzeichen beim LSG Darmstadt: L 4 KA 1/15
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zu 8) und 9) zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer aktiven Konkurrentenklage um die Vergabe eines hälftigen Vertragsarztsitzes für einen Facharzt/Fachärztin für HNO-Heilkunde im Planungsbereich A-Stadt nach partieller Öffnung.
Der 1972 geb. und jetzt 42-jährige Kläger ist seit 01.08.2003 approbiert und seit 30.01.2008 Facharzt für HNO-Heilkunde. Er war bis 2008 Assistenzarzt an der Universitätsklinik für Dermatologie, Venologie und Allergologie B-Stadt, anschließen Oberarzt in der HNO-Abteilung des Klinikums der Stadt C-Stadt und ist seit 01.01.2012 Oberarzt der HNO-Klinik der Universität A-Stadt. Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ließ den Kläger mit Beschluss vom 19.03.2014 zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit Herrn Dr. med. H. gem. § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V (sog. Job-Sharing) mit Wirkung zum 01.04.2013 zu. Praxissitz ist A-Stadt, A-Straße.
Der 1972 geb. und jetzt 42-jährige Beigeladene zu 8) ist seit 01.02.2002 approbiert und seit 14.09.2005 Facharzt für HNO-Heilkunde. Seit 2006 war er Oberarzt der HNO-Klinik der Universität A-Stadt, seit 2008 ständiger Vertreter des Direktors und kommissarischer Direktor. Er ist mit einem halben Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung in A-Stadt, D-Straße, zugelassen und übt seine vertragsärztliche Tätigkeit in einer Berufsausübungsgemeinschaft mit zwei weiteren HNO-Ärzten mit zusammen 1 ½ Versorgungsaufträgen aus.
Der 1971 geb. und jetzt 43-jährige Beigeladene zu 9) ist seit 01.04.2001 approbiert und seit 16.05.2006 Facharzt für HNO-Heilkunde. Anschließend war er bis September 2006 als HNO-Facharzt und wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt. Vom November 2006 bis Mai 2008 war er als Mitarbeiter im Rahmen einer privatärztlichen Vertretung tätig. Seit 01.07.2008 ist er mit einem halben Versorgungsauftrag in D-Stadt (F-Straße) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Vom März 2009 bis Ende 2011 ist er dort gemeinsam mit seinem Vater tätig gewesen. Ab Januar 2012 ist die Praxis um den Standort F-Straße erweitert worden und besteht die Gemeinschaftspraxis als überörtliche.
Nach partieller Öffnung des Planungsbereichs A-Stadt für einen Vertragsarztsitz für das Fachgebiet HNO-Heilkunde bewarben sich neben dem Kläger für einen vollen, hilfsweise für einen hälftigen Vertragsarztsitz 5 weitere Ärzte.
Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gab mit Beschluss vom 14.05.2013 dem Antrag des Beigeladenen zu 9) auf hälftige Zulassung und des Klägers auf hälftige Zulassung unter der Bedingung der Beendigung der Zulassung zur Vertragsarztpraxis im Job-Sharing-Verfahren statt und lehnte die übrigen Anträge ab, darunter auch den Antrag des Klägers für einen vollen Versorgungsauftrag.
Hiergegen legten der Beigeladene zu 8) am 14.06.2013 und Herr Dr. I. am 14.06.2013 Widerspruch ein. Der Beklagte teilte Herrn Dr. I. unter Datum vom 08.07.2013 mit, nachdem er die angeforderte Verwaltungsgebühr nicht bezahlt habe, gelte der Widerspruch als zurückgenommen.
Zur Begründung seines Widerspruchs führte der Beigeladene zu 8) mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 01.08.2013 aus, der Kläger sei seit dem 01.04.2013 ein Job- Sharing-Verhältnis mit dem Mitgesellschafter Dr. H. eingegangen. Damit sei sein Antrag nach den Regeln der Bedarfsplanungsrichtlinien privilegiert gewesen. Er wende sich gegen die Entscheidung in Bezug auf den Beigeladenen zu 9). Eine Ermessungsausübung sei nicht erkennbar. Er habe im Rahmen seiner klinischen Laufbahn die Fähigkeiten erlernt, sämtliche Erkrankungsbilder der HNO-Heilkunde bis in die Bereiche der angrenzenden Fachge...