Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. keine Vergütung für Leistungen eines nicht zu gelassenen Heilmittelerbringers. öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch bei zu Unrecht gezahlter Vergütung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Leistungen eines Heilmittelerbringers, die ohne Zulassung der Betriebsstätte erbracht wurden, sind nicht zu vergüten.

2. Wendet sich ein Heilmittelerbringer mit Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Widerruf der Zulassung seiner Betriebsstätte, so kann die Krankenkasse mit Eintritt der Bestandskraft der Widerrufsentscheidung die von ihr für Zeiträume nach der Widerrufsentscheidung an den Heilmittelerbringer zu Unrecht bezahlte Vergütung im Wege des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs von diesem zurückfordern.

 

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.405,87 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 9.405,87 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin die Vergütung von Leistungen der Stimm-, Sprach- und Sprechtherapie, welche die Beklagte nach dem 12.10.2010 gegenüber Versicherten der Klägerin erbracht und im Jahre 2011 gegenüber der Klägerin abgerechnet hat, erstatten muss.

Die Beklagte ist ausgebildete Logopädin. Mit Zulassungsbescheid vom 01.08.2008 hatte die Klägerin der Beklagten ab dem 01.10.2008 die Zulassung zur Abgabe von Leistungen der Stimm-, Sprach- und Sprechtherapie erteilt.

Aufgrund einer Besichtigung der Praxisräume am 21.09.2010 hat die Klägerin gegenüber der Beklagten festgestellt, dass die Praxisräume nicht mehr den Zulassungsvoraussetzungen gemäß den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen entsprächen und den Zulassungsbescheid vom 01.08.2008 mit Wirkung zum 12.10.2010 widerrufen.

Der Widerspruch der Beklagten gegen den Widerrufsbescheid wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2010 zurückgewiesen. Die dagegen vor dem Sozialgericht München erhobene Klage vom 14.12.2010 wurde erst- und zweitinstanzlich abgewiesen. Die gegen das zweitinstanzliche Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) wurde am 09.12.2013 verworfen (Az. B 1 KR 91/13 B).

In dem Zeitraum vom 12.10.2010 bis 31.12.2011 (und darüber hinaus) versorgte die Beklagte auf kassenärztliche Verordnung Versicherte der Klägerin mit Stimm-, Sprach- und Sprechtherapie.

Seit Zulassungsbeginn am 01.10.2008 bis zum Widerruf der Zulassung rechnete die Beklagte mit der Klägerin - zwischen den Beteiligten unstreitig - Leistungen in Höhe von 26.471,41 Euro ab. Die Klägerin beglich die entsprechenden Leistungen bis auf drei einbehaltene Rechnungen aus 2010 in Höhe von insgesamt 2.873,31 Euro.

Nach dem Widerruf der Zulassung stellte die Beklagte der Klägerin nach deren - unstreitig gestellten - Angaben insgesamt 27.080,41 Euro in Rechnung. Diese Leistungen hat die Klägerin - ebenfalls unstreitig - aufgrund der aufschiebenden Wirkung der gegen den Widerrufsbescheid anhängigen Rechtsbehelfe in Höhe von 21.183,12 Euro beglichen, d.h. Rechnungen in Höhe von 5.897,29 Euro wurden nicht mehr zur Auszahlung gebracht.

Mit Schreiben vom 12.02.2014 übersandte die Klägerin der Beklagten eine Aufstellung der Vergütungen für Heilmittelleistungen, die die Beklagte seit dem Widerruf der Zulassung erbracht und mit der Klägerin abgerechnet hatte und forderte die Rückzahlung der erbrachten Vergütung in Höhe von 18.309,81 Euro sowie eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 Euro. Die Beklagte habe seit dem bestandkräftigen Widerruf der Zulassung für die Behandlung von Versicherten keine Zulassung nach § 124 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Durch ihre schriftliche Anerkennung des Rahmenvertrages habe sich die Beklagte verpflichtet, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln für eine gewissenhafte Durchführung des Vertrages Sorge zu tragen. Gegen diese Verpflichtung habe sie schwerwiegend verstoßen.

Nachdem die Beklagte auf das Rückzahlungsverlangen nicht reagierte, erneuerte die Klägerin ihre Forderung mit Schreiben vom 15.12.2015 und forderte die Beklagte auf, den Betrag in Höhe von 23.309,81 Euro spätestens bis zum 22.12.2015 zu überweisen oder bis dahin schriftlich auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Sie wies darauf hin, dass nach Verstreichen der Frist weitere Schritte eingeleitet werden müssten.

Mit der am 30.12.2015 am Sozialgericht München erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren als Teilklage fristwahrend weiter. Ausgehend von einer regelmäßigen vierjährigen Verjährung im Krankenversicherungsrecht ab Fälligkeit des Rückforderungsanspruchs würden zur Wahrung der Verjährungsfrist klageweise zunächst nur die Leistungen geltend gemacht, welche im Jahr 2011 der Klägerin zu Unrecht vergütet worden seien. Hierbei handele es sich um abgerechnete Leistungen in Höhe von 9.405,87 Euro. Die Bekl...

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