Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). keine Leistungsberechtigung zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung mangels eigenem Zulassungsstatus. Auslegung von § 2 Abs 2 S 5 ASVRL. keine institutionelle Benennung hinzuzuziehender Fachärzte möglich
Leitsatz (amtlich)
Die Regelung des § 2 Abs 2 S 5 ASV-RL (juris: ASVRL) ist dahingehend auszulegen, dass es allein bei gem § 116b Abs 2 S 1 SGB V berechtigten institutionellen Leistungserbringern (also MVZ, ermächtigten Einrichtungen und Krankenhäusern) möglich ist, statt der namentlichen Benennung der (bei diesen institutionellen Leistungserbringern angestellten) hinzuzuziehenden Fachärztinnen und Fachärzten eine institutionelle Benennung vorzunehmen.
Orientierungssatz
1. Die BAG als Kooperationsform im vertragsarztrechtlichen System hat einen besonderen vertragsärztlichen Status, der zwar in verschiedener Hinsicht dem Status von zugelassenen Ärzten und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) angenähert ist, einem solchen jedoch nicht entspricht. Denn sie besitzt gerade keinen eigenen Zulassungsstatus, ihr statusrelevanter Bescheid ist vielmehr die Genehmigung nach § 33 Abs 2 Ärzte-ZV.
2. Eine BAG ist kein an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Leistungserbringer und somit auch nicht leistungsberechtigt iSd § 116b Abs 2 S 1 SGB 5.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Teilnahme der Klägerin an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) im Rahmen eines interdisziplinären Teams zur Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen (Erwachsene).
Die Klägerin ist eine, in M ansässige, örtliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), bestehend aus mehreren Radiologen sowie dem Facharzt für Nuklearmedizin, S.
Der Beklagte stellte am 07.04.2020 fest, dass das interdisziplinäre ASV-Team Rheuma Erwachsene Rheumatologie W ab 11.03.2020 nachgewiesen habe, dass es die Voraussetzungen für die Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung erfülle. Mit Schreiben vom 14.04.2020 teilte der Beklagte S mit, dass er ab diesem Zeitpunkt berechtigt sei, im Rahmen dieses ASV-Teams als hinzuzuziehender Facharzt für Nuklearmedizin Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung zur Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen zu erbringen.
Mit Schriftsatz vom 19.06.2020 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin bei dem Beklagten die institutionelle Benennung der Klägerin für das ASV-Team W. S werde verantwortlicher Arzt der Klägerin sein.
Der Beklagte stellte mit Bescheid (Negativmitteilung) vom 29.07.2020 fest, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, im Rahmen des ASV-Teams Rheuma Erwachsene Rheumatologie W Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung zur Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen zu erbringen. Die Frage, ob eine BAG institutionell benannt werden könne, sei in der ASV-RL nicht klar und eindeutig geregelt. Bei der Auslegung sei zu beachten, dass ASV-Berechtigte nur "an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer und nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser" seien. Die BAG sei als solche nicht ein an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Leistungserbringer im Sinne des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V und § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Eine BAG könne deshalb auch nicht institutionell benannt werden. Lediglich die einzelnen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer (zugelassene Ärzte, zugelassene MVZ), die als Mehrheit von Personen/Institutionen eine BAG bildeten, könnten namentlich oder institutionell benannt werden. Es komme nicht darauf an, dass der GBA als Beispiel für die Benennung einer Institution neben einem MVZ und einem Krankenhaus in den tragenden Gründen zum Beschluss vom 21.03.2013 auch eine BAG aufführe. Diese Gründe seien für den Beklagten unverbindlich.
Der Beklagte wies den klägerischen Widerspruch mit Bescheid vom 03.03.2021 zurück. Das MVZ habe anders als die BAG vertragsarztrechtlich einen eigenständigen Zulassungsstatus. Die BAG sei lediglich eine Mehrheit von zugelassenen Leistungserbringern, deren gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit einer Genehmigung der Zulassungsgremien bedürfe. Dieser unterschiedliche vertragsarztrechtliche Zulassungsstatus der Ärztinnen und Ärzte, die einerseits in einem MVZ, andererseits in einer BAG tätig seien, sei auch der hinreichend gewichtige, sachliche Differenzierungsgrund, der die Verschiedenbehandlung von MVZ und BAG im Rahmen der institutionellen Benennung von hinzuzuziehenden Einrichtungen im Anzeigeverfahren der ASV rechtfertige.
Die Klägerin hat am 06.04.2021 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Sie ist der Auffassung, dass eine BAG befugt ist, an...