Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Übernahme von Fahrkosten des Versicherten aus Anlass dessen vertragsärztlicher Behandlung durch die Krankenkasse - nächsterreichbarer Vertragsarzt
Orientierungssatz
1. Für die Übernahme von Fahrkosten des Versicherten durch dessen Krankenkasse ist nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB 5 erforderlich, dass der Transport aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig ist.
2. Nimmt der Versicherte ohne zwingenden Grund einen anderen als einen der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinische Versorgungszentren in Anspruch, so hat er nach § 76 Abs. 2 SGB 5 die Mehrkosten selbst zu tragen.
3. Spezielle Kenntnisse oder Fähigkeiten eines Arztes rechtfertigen erst dann die Inanspruchnahme eines weiter entfernten Arztes, wenn sie sich in einem besonderen, vom räumlich nächsterreichbaren Arzt nicht oder nicht ausreichend vorgehaltenen Leistungsangebot niederschlagen, das nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Teil einer zweckmäßigen medizinischen Behandlung der betreffenden Krankheit ist (BSG Urteil vom 8. 9. 2015, B 1 KR 27/14 R).
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der an einem primären Parkinson-Syndrom mit mäßiger bis schwerer Beeinträchtigung leidenden im September 1943 geborenen Klägerin auf Erstattung von bereits entstandenen und von zukünftig entstehenden Kosten für Fahrten anlässlich von ambulanten Serienbehandlungen.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 1 (dort unter der Überschrift „I. Sachverhalt“) bis Seite 2 (dort bis zu dem zweiten Absatz) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 15. Mai 2019, mit dem diese den Widerspruch der Klägerin vom 11. April 2019 gegen die auf die zum nächsterreichbaren Leistungserbringer - die Ruppiner Kliniken GmbH in 16816 Neuruppin - und auf den Zeitraum vom 01. März 2019 bis zum 30. August 2019 beschränkte Fahrtkostengenehmigungsverfügung der Beklagten vom 28. Februar 2019 als unbegründet zurückgewiesen hat. Wegen der Begründung der Beklagten verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort unter der Überschrift „Rechtliche Würdigung“) bis Seite 5 (dort bis zum dem sechsten Absatz) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 15. Mai 2019.
Mit Schriftsatz vom 07. Juni 2019 - bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangen am 11. Juni 2019 - hat die Klägerin bei dem erkennenden Gericht Klagen erhoben, mit denen sie ihre auf Erstattung von bereits entstandenen und von zukünftig entstehenden Kosten für Fahrten anlässlich ihrer ambulanten Serienbehandlungen gerichteten Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung ihrer Begehren bringt sie im Wesentlichen vor, bei der Ruppiner Kliniken GmbH handele es sich nicht um den nächstgelegenen, an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt, da deren neurologische Abteilung weder über das erforderliche Fachwissen zur Diagnostik und Behandlung von Parkinsonkrankheiten noch über die erforderlichen medizinischen Gerätschaften verfüge. Die nächstgelegene Behandlungseinrichtung sei deshalb das Neurologische Zentrum für Bewegungsstörungen und Diagnostik in Berlin, wo die Klägerin auch regelmäßig in Behandlung sei. Im Übrigen seien auch die weiteren nach Rechtshängigkeit ergangenen und die Fahrtkostenerstattung regelnden Verfügungen der Beklagten Gegenstand des vorliegenden sozialgerichtlichen Klageverfahrens geworden.
Die Klägerin beantragt (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
die Beklagte unter Aufhebung der mit dem Bescheid der Beklagten vom 09. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2019 verlautbarten ablehnenden Verfügung zu verurteilen, ihr die entstandenen und die zukünftig entstehenden Kosten für Fahrten anlässlich ihrer ambulanten Serienbehandlungen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages meint sie zunächst, das klägerische Begehren dürfe sich angesichts der mit den angegriffenen Verfügungen vorgenommenen zeitlichen Begrenzung auch zulässigerweise nur auf diesen Zeitraum beschränken. Die den Zeitraum vom 31. August 2019 bis zum 28. Februar 2020 sowie vom 02. März 2020 bis zum 31. August 2020 regelnden weiteren Verfügungen der Beklagten vom 07. Oktober 2019 sowie vom 23. März 2020 seien mangels Erhebung eines Widerspruches bestandskräftig geworden. Im Übrigen trägt sie ua unter Verweis auf die Regelung des § 76 Abs 2 SGB V sowie die im sozialverwaltungsbehördlichen Verfahren eingeholten Stellungnahmen des MDK vom 04. April 2019 und vom 29. April 2019 im Wesentlichen vor, eine Erstattung der geltend gemachten Fahrtkosten sei nicht möglich, weil es sich b...