Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Eingliederungsleistungen zur beruflichen Weiterbildung, Umfang des Anspruchs auf Erstattung von Fahrtkosten für Fahrten zur Weiterbildungsstätte
Orientierungssatz
1. Hat ein Grundsicherungsträger einem Leistungsempfänger eine Weiterbildungsmaßnahme bewilligt, muss er für die Kosten des Leistungsempfängers auch vollständig aufkommen. Ein Ermessen bezüglich der Höhe der von ihm dabei zu übernehmenden Kosten steht dem Grundsicherungsempfänger insoweit nicht zu.
2. Entstehen einem Grundsicherungsempfänger für die Teilnahme an einer ihm vom Grundsicherungsträger genehmigten Weiterbildungsmaßnahme Fahrtkosten, so kann er diese nach den Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes erstattet verlangen. Wählt der Hilfeempfänger dabei für die Zurücklegung der Wegstrecke die Fahrt mit dem eigenen Pkw, so kann er pro gefahrenen Kilometer eine Wegepauschale von 0,2 Euro geltend machen.
Tenor
Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 15. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Dezember 2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 06. Januar 2011 verurteilt, der Klägerin für die Monate November und Dezember 2010 weitere Fahrkosten in Höhe von 51,60 EUR zu gewähren.
Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der vom Beklagten zu erstattenden Fahrkosten für die Fahrten der Klägerin von und zu einer als Eingliederungsleistung bewilligten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme in den Monaten November und Dezember 2010.
Die 1984 geborene Klägerin bezieht von dem Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 08. Juli 2010 schlossen die Klägerin und der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung ab. Nach § 2 Abs. 1 der Eingliederungsvereinbarung sind sich die Vertragsparteien darüber einig, dass die Teilnahme an der Maßnahme "Bürokauffrau, IHK Prüfung" zur Verbesserung der Vermittlungschancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beiträgt. Für die Leistungsempfängerin wird daher nach § 2 Abs. 1 der Eingliederungsvereinbarung die Teilnahme an der o. g. Maßnahme bei der G. für die Zeit vom 05. Juli 2010 bis zum 28. Juni 2012 in gemeinsamer Absprache festgelegt. Maßnahmeort ist H ... Nach § 2 Abs. 2 der Eingliederungsvereinbarung trägt der Beklage die entstandenen und notwendigen Maßnahmekosten. Über die Gewährung von weiteren notwendigen Kosten im Rahmen der Maßnahme entscheidet die Arbeitsvermittlung auf vorherigen Antrag durch die Leistungsempfängerin.
Ebenfalls am 08. Juli 2010 stellte der Beklagte nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 77 Abs. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Klägerin einen Bildungsgutschein zur Übernahme der Kosten für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung zur Bürokauffrau (IHK-Prüfung) aus. Den Bildungsgutschein sandte die DeI. am 12. Juli 2010 ausgefüllt an den Beklagten zurück und bestätigte, dass die Klägerin die Umschulung am 12. Juli 2010 beginnen werde.
Mit Bescheid vom 02. September 2010 gewährte der Beklagte der Klägerin sodann für diese Maßnahme Weiterbildungskosten in Höhe von 12.364,80 EUR (Lehrgangskosten) nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 77 ff. SGB III.
Die Klägerin nahm in der Folgezeit ab dem 12. Juli 2010 an der beruflichen Weiterbildungsmaßnahme in J. teil. Die K. übersandte dem Beklagten jeweils im Folgemonat die Monatsmeldung für die Klägerin, d.h. eine Aufstellung über die Anwesenheitstage der Klägerin. Den Weg von ihrem Wohnort in L. zur Bildungsstätte in J. legte die Klägerin mit ihrem eigenem Pkw zurück. Die Entfernung zwischen dem Wohnsitz der Klägerin in L. und der Bildungsstätte in J. beträgt 28 Kilometer (einfache Stecke).
Mit Bescheiden vom 20. Juli 2010 und 19. August 2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin auf ihren Antrag für die Zeit vom 12. Juli 2010 bis zum 31. August 2010 sowie für die Zeit vom 01. September 2010 bis zum 30. September 2010 Fahrkosten in Höhe von 207,20 EUR bzw. 123,20 EUR. Dabei legte der Beklagte entsprechend § 6 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) die einfache Fahrstrecke von 28 Kilometer sowie einen Betrag von 0,20 EUR pro Entfernungskilometer multipliziert mit der Anzahl der Ausbildungstage im jeweiligen Bewilligungszeitraum zugrunde.
Dagegen erhob die Klägerin jeweils Widerspruch. Sie rügte die Begrenzung auf den einfachen Entfernungskilometer. Sie habe täglich 56 Kilometer zurückzulegen. § 5 Bundesreisekostengesetz (BRKG) finde Anwendung.
Mit Schreiben vom 18. Oktober 2010 forderte der Beklagte die Klägerin auf, mitzuteilen, ob es ihr zuzumuten sei, den Bildungsträger in J. mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 01. November 2010 mit, dass die Erstattungsregelung in § 81 Abs. 2 SGB III an die tatsächliche Benutzung sonstiger Verkehrsmittel anknüpfe. Die Wahl zur Benutzung eines eigenen Pkw falle damit in die Ent...