Tenor
Es wird festgestellt, dass die Pflegeversicherung mit der Service-Nummer XXX1 zwischen den Beteiligten fortbesteht und weder durch außerordentliche noch durch ordentliche Kündigung vom 03.05.2017 beendet wurde.
Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen
außergerichtlichen Kosten zu erstatten
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Fortbestand einer privaten Pflegepflichtversicherung streitig.
Die 1939 geborene Klägerin war bei dem Beklagten seit 01.09.1989 als mitversicherte Person bei der Beklagten krankheitskosten-, jedoch nicht pflegepflichtversichert. Seit dem 18.11.1998 war die Klägerin sodann bei der Beklagten mit einem eigenen Vertrag auch pflegepflichtversichert unter der Servicenummer XXX1. Dem Versicherungsverhältnis lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung (Bedingungsteil MB/PPV) in Verbindung mit Tarif PVN zugrunde.
Im Januar 2017 stellte der Beklagte im Rahmen einer stichprobenartigen Kontrolle fest, dass auf drei von der Klägerin eingereichten Rezepten kein Abgabedatum der Apotheke notiert war. Der Beklagte nahm daraufhin eine Überprüfung der seit 2016 seitens der Beklagten eingereichten Leistungsanträge vor und stellte hierbei einen ungewöhnlich hohen Medikamentenverbrauch fest. Nach Aufforderung des Beklagten legte die Klägerin einen Medikamentenplan vor. Nach Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht, legte die C. Apotheke in A-Stadt, die die Rezepte quittiert hatte, dem Beklagten die Sammelbelege für das Kalenderjahr 2016 vor. Der Beklagte nahm einen Abgleich mit den erfolgten Erstattungsleistungen vor und ermittelte eine enorme Diskrepanz.
Mit Schreiben vom 03.05.2017 erklärte der Beklagte die fristlose Kündigung des Krankenversicherungsvertrages aus wichtigem Grund, weil die Klägerin aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zu Unrecht Versicherungsleistungen erhalten habe. Aus gleichem Grund beendete die Beklagte auch die Pflegepflichtversicherung. Die Tatsache, Versicherungsleistungen erschlichen zu haben, stelle einen nicht zumutbaren und nicht hinnehmbaren Vertrauensbruch dar, der es dem Beklagten nicht möglich erscheinen lasse, das Versicherungsverhältnis mit der Klägerin weiter aufrecht zu erhalten. Gerade in der Krankenversicherung sei der Versicherer - auch im Rahmen der Kostenerstattung - auf die Redlichkeit des Versicherten bei der Vorlage von Leistungsaufträgen angewiesen, um so auf der Grundlage eines ungestörten Vertrauensverhältnisses und eines gegenseitigen Einvernehmens die vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.11.2017 forderte die Klägerin den Beklagten auf, die ausgesprochene Kündigung der Pflegeversicherung umgehend zurückzunehmen.
Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 10.11.2017 mitteilte, es ergeben sich für ihn keine neuen Gesichtspunkte, die Kündigung des Pflegeversicherungsvertrages sei weiterhin gerechtfertigt, hat die Klägerin am 02.01.2018 Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben.
Zur Begründung bezieht sich die Klägerin auf die Entscheidung des BGH vom 07.12.2011, Az. IV ZR 105/11.
Die Beklagte habe weder das Recht zur außerordentlichen noch zur ordentlichen Kündigung des Pflegeversicherungsvertrages.
Zudem führte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin schriftsätzlich am 08.07.2020 unter Ziff. 2 mögliche Pflichtverletzungen und Schäden der Klägerin auf. Wegen der Einzelheiten wird auf Ziff. 2 des Schriftsatzes vom 08.07.2020 (Bl. 164-165) verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die Pflegeversicherung zu Servicenummer XXX1 zwischen den Parteien fortbesteht und nicht durch fristlose Kündigung der Beklagten vom 03.Mai 2017 beendet wurde.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, gemäß § 313 BGB könnten Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Eine Kündigung aus wichtigem Grund komme im Bereich der privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung vor allem dann in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer Versicherungsleistungen erschleiche oder zu erschleichen versuche. Es stehe fest, dass die Klägerin Versicherungsleistungen fortgesetzt und in hohem Umfang, vom Beklagten erschlichen habe. Hierin liege ein besonders gravierender und von Eigennutz geleiteter krasser Verstoß der Klägerin gegen ihre Pflichten aus dem Versicherungsvertrag, der Wahrheit entsprechende Angaben zu machen, der die Klägerin als Versicherungsnehmerin generell „untragbar“ mache.
Die Kündigungserklärung umfasse mit Recht auch die Pflegepflichtversicherung. Im Hinblick auf den Massencharakter der anfallenden Erstattungsvorgänge müsse der Versicherer sich gleichsam „blind“ darauf verlassen können, dass die Erstattungsansprüche korrekt geltend gemacht werden. Der Versicherer müsse sich mit Stichproben begnügen können. Es müsse ein Vertrauensverhältnis bezüglich der Richtigkeit der Angaben bestehen. Werde das Vertrauensverhältnis in einem Ausmaß enttäuscht, welches die außerordentliche Kündigung rechtfertige, sei de...