Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsprüfung. Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen. Anwendung von § 7a Abs 7 S 1 SGB 4 auch auf Prüfbescheide nach § 28p Abs 1 S 5 SGB 4. aufschiebende Wirkung der Prüfbescheide auch bei Regelungen seitens des Rentenversicherungsträgers, die über eine bloße Statusentscheidung hinaus gehen (hier: Beitragsnachforderung

 

Orientierungssatz

Gemäß § 7a Abs 7 S 1 SGB 4 haben Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt (sog. Statusentscheidung), aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier mit der Beitragsnachforderung - Regelungen getroffen werden, die über eine bloße Statusentscheidung hinaus gehen (Entgegen LSG Darmstadt vom 22.8.2013 - L 1 KR 228/13 B ER und LSG Stuttgart vom 11.5.2010 - L 11 KR 1125/10 ER-B).

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 20. Januar 2015 hin wird der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg im Kostenpunkt geändert. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen allein.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 148.918 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Wirkung einer Klage gegen einen Bescheid der Beklagten gem. § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV.

Der Antragsteller ist ein Fußballverein, bei dem u.a. die Beigeladenen zu 1 bis 23 als Spieler unter Vertrag standen. Nach einer Betriebsprüfung und entsprechender Anhörung erließ die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller einen Bescheid mit dem Betreff “Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG)„. Darin wurde mitgeteilt, dass sich für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2008 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 595.671,38 Euro (einschließlich 254.761,50 Euro Säumniszuschläge) ergäben. Der Antragsteller wurde gebeten, die sich im Einzelnen ergebenden Beträge an die in den Anlagen bezeichneten Einzugsstellen zu zahlen. Weiter wurde u.a. ausgeführt, dass die Vertragsverhältnisse zu den Beigeladenen zu 1 bis 23 sowie eines weiteren, mittlerweile verstorbenen Spielers, abhängige und somit sozialversicherungs- und beitragspflichtige Beschäftigungsverhältnisse seien. Den diesbezüglichen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2015 zurück. Dagegen hat der Antragsteller am 23. Februar 2015 Klage zum Sozialgericht Altenburg (S 2 R 469/15) erhoben.

Parallel zu seiner Klage hat der Antragsgegner den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und zunächst begehrt, die Vollziehung des Bescheids bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auszusetzen. Nach Hinweis des Sozialgerichts, dass die Klage gem. § 7a Abs. 7 S. 1 SGB IV aufschiebende Wirkung habe, hat der Antragsteller die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage begehrt und den ursprünglichen Antrag nur noch als Hilfsantrag weiterverfolgt. Mit Beschluss vom 16. März 2015 hat das Sozialgericht die aus dem Rubrum ersichtlichen Beigeladenen gem. § 75 Abs. 2 Var. 1 SGG beigeladen. Ein Teil der Beigeladenen hat zum Verfahren Stellung genommen. Eigene Anträge hat kein Beigeladener gestellt.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 2. April 2015 in entsprechender Anwendung des § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG festgestellt, dass die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2015 aufschiebende Wirkung habe. Zur Begründung hat es sich auf die Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt vom 26. März 2013 (L 1 R 454/12 B ER) und des LSG Rheinland-Pfalz vom 6. Januar 2014 (L 2 R 409/13 B ER) gestützt. Die Kosten des Verfahrens hat das Sozialgericht in entsprechender Anwendung des § 197a Abs. 2 S. 1 SGG anteilig der Antragsgegnerin und den Beigeladenen zu 24, 25, 26, 27 und 31 auferlegt.

Dagegen hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Sie ist der Meinung, die Klage habe keine aufschiebende Wirkung. Den vom Sozialgericht genannten Entscheidungen sei nicht zu folgen, sondern vielmehr den Entscheidungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Mai 2010 (L 11 KR 1125/10 ER-B), vom 16. Juni 2011 (L 5 R 5487/10 ER-B), vom 17. Januar 2014 (L 11 R 5134/13 ER-B), des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. Dezember 2012 (L 8 R 565/12 B ER), des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. August 2013 (L 1 KR 228/13 B ER) und des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. Oktober 2014 (L 5 R 868/14 B ER). Hingewiesen wurde ferner auf die Entscheidungen des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. März 2010 (L 5 R 21/10 B ER) und des Bundessozialgerichts vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R). Eine Aussetzung der Vollziehung müsse daher angeordnet werden. Die entsprechenden Voraussetzungen habe der Antragsteller nicht belegt.

Der Antragsgegner beantragt

den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 2. April 2015 aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage S 2 R 469/15 gegen den ...

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