Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsweg. Zuständigkeit der Zivilgerichte. Insolvenzforderung. Widerspruch. Delikteigenschaft
Orientierungssatz
1. Eine Streitigkeit in einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG liegt vor, wenn durch den Gegenstand des Streits Maßnahmen betroffen sind, die unmittelbar der Erfüllung der den Krankenkassen nach dem SGB 5 obliegenden öffentlich-rechtlich Aufgaben dienen.
2. Eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung ist nicht betroffen, wenn vom Kläger - wie hier - in der Hauptsache die gerichtliche Bestätigung begehrt wird, dass sein Widerspruch im Insolvenzverfahren gegen die Forderung der Krankenkasse begründet sei, sowie die hilfsweise begehrte isolierte Feststellung, dass die von dieser zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung keine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung iS des § 302 Nr 1 InsO darstellt. Beide geltend gemachten Forderungen betreffen allein das Insolvenzverfahren. Der Streit ist folglich zivilrechtlicher Natur und vor den Zivilgerichten zu führen.
Normenkette
GVG § 13; SGG § 51 Abs. 1 Nr. 2; InsO § 302 Nr. 1
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 22. März 2012 wird zurückgewiesen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
I.
Streitig ist, ob der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist.
Mit seiner am 26. August 2011 beim Sozialgericht Gotha (SG) erhobenen Klage hat der Beschwerdeführer beantragt, seinen Widerspruch gegen eine durch die Beschwerdegegnerin zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung in Höhe von 2.105,65 € für begründet zu erklären und hilfsweise festzustellen, dass diese Forderung nicht aus dem Rechtsgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung besteht.
Das Sozialgericht (SG) hat nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 22. März 2012, dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellt am 10. April 2012, den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Meiningen verwiesen.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 10. Mai 2012 mit der Begründung Beschwerde eingelegt, auch im Insolvenzverfahren seien Klagen im jeweils zulässigen Rechtsweg zu erheben. Da dem vorliegenden Verfahren eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit zugrunde liege, sei der Sozialrechtsweg gegeben. Hieran ändere auch nichts, dass das Vorliegen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung in Streit stehe.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 22. März 2012 aufzuheben.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung macht sie geltend, dass für die selbständige Feststellungklage allein das Insolvenzgericht zuständig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte sowie der beigezogenen Gerichtsakte des Sozialgerichts Meiningen (Az. S 41 KR 5720/11) Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
II.
Die Beschwerde ist nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG), § 172 SGG statthaft und zulässig.
Sie ist jedoch unbegründet. Der Beschluss des SG ist zu Recht ergangen, weil nach § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist.
Nach § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.
Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach § 51 Abs. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.
Für die Eröffnung des Rechtsweges zu den Sozialgerichten ist deshalb entscheidend, ob es sich um eine Streitigkeit in einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung handelt. Hiervon ist auszugehen, wenn durch den Gegenstand des Streits Maßnahmen betroffen sind, die unmittelbar der Erfüllung der den Krankenkassen nach dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V) obliegenden öffentlich-rechtlich Aufgaben dienen (vgl. Bundesgerichtshof ≪BGH≫, Beschluss vom 30. Januar 2008 - Az.: I ZB 8/07 m.w.N., nach juris).
Im vorliegenden Rechtsstreit ist nicht eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenkassen betroffen, sondern die vom Kläger in der Hauptsache begehrte gerichtliche Bestätigung, dass sein Widerspruch im Insolvenzverfahren ...