Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattungsanspruch des Versicherten gegenüber der Krankenkasse für eine selbstbeschaffte Leistung. Hyperthermiebehandlung. neue Behandlungsmethode
Orientierungssatz
1. Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung, soweit diese nicht ausnahmsweise unaufschiebbar war, sind nach § 13 Abs. 3 SGB 5 von der Krankenkasse dem Versicherten nur zu ersetzen, wenn die Krankenkasse die Leistungsgewährung zu Unrecht abgelehnt hatte. Eine Kostenerstattung scheidet aus, wenn der Versicherte sich die streitige Behandlung außerhalb des vorgeschriebenen Beschaffungsweges selbst besorgt, ohne sich zuvor mit seiner Krankenkasse ins Benehmen zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten, vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06.
2. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB 5 unter dem Gesichtspunkt einer unaufschiebbaren Leistung kann nur mit dem Unvermögen der Krankenkasse zur rechtzeitigen Erbringung begründet werden, wenn es dem Versicherten, aus medizinischen oder anderen Gründen, nicht möglich oder nicht zumutbar war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten.
3. In jedem Fall muss es sich bei der konkreten Leistung um eine solche handeln, die zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört. Die Hyperthermiebehandlung ist als neue Behandlungsmethode von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen, vgl. BSG, Urteil vom 02. November 2007 - B 1 KR 14/07 R.
Normenkette
SGB V § 13 Abs. 3, § 76 Abs. 1 S. 2, § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 31 Abs. 1 S. 1; GG Art. 2 Abs. 1
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 28. März 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme für die Therapiebehandlung in der Fachambulanz der Klinik P. bestehend aus Tiefen-Hyperthermie und weiteren biologischen Therapien von Mai bis August 2008 in Höhe von 3.764,52 € streitig.
Bei der 1937 geborenen Klägerin wurde im März 2008 im Universitätsklinikum J., Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, ein CD20-positives B-Zelllymphon der Nasennebenhöhlen diagnostiziert. Laut Bericht des Universitätsklinikums J. vom 1. April 2008 sollte eine internistische (onkologische) Vorstellung und Weiterbehandlung erfolgen. Die Klägerin begab sich am 16. Mai 2008 zur Fachambulanz der privaten Krankenanstalt P. (vgl. http://www.klinik-imleben.de-PRAXIS Pro Leben-) zur Durchführung von Tiefen-Hyperthermie und weiteren biologischen Therapien. Danach erfolgten neun weitere Vorstellungen, die letzte am 28. August 2008.
Am 19. November 2008 beantragte sie bei der Beklagten unter Vorlage eines Arztbriefes der Dres. R. und O. (Klinik P.) vom 28. August 2008 sowie der Rechnungen der PRAXIS P. vom 29. Mai, 23. Juli und 28. August 2008 die Übernahme der Kosten für die Behandlung. Mit Bescheid vom 24. November 2008 lehnte diese eine Kostenübernahme mit der Begründung ab, die Behandlungs- bzw. Diagnostikmethode stehe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht zur Verfügung. Da sie die Kostenübernahme nicht vor Beginn der Behandlung beantragt habe, habe der Antrag nicht geprüft werden können. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, ihre Erkrankung habe sich zu Beginn der Behandlung in einem fortgeschrittenen Stadium befunden. Alternativ hätte nur eine Chemotherapie zur Verfügung gestanden. Es sei ihr nicht bewusst gewesen, dass sie die Kostenübernahme vor Beginn der Behandlung beantragen müsse. Nach Einholung eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Thüringen e.V. (MDK) vom 8. Januar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2009 zurück. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe sich mit der Methode befasst und im Ergebnis festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung nicht vorliegen. Deshalb sei die Tiefen-Hyperthermie in die Anlage II der Richtlinie aufgenommen worden. Die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 - Az.: 1 BvR 347/98 lägen ebenfalls nicht vor.
Im Klageverfahren hat die Klägerin die Ansicht vertreten, die Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte sei zu Unrecht erfolgt. Die Voraussetzungen für einen Ausnahmefall nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 seien gegeben. Soweit die Ablehnung mit der Begründung erfolgt sei, die Klägerin habe vor Beginn der Behandlung die Kostenübernahme nicht beantragt, verstoße dies gegen das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip. Das Sozialgericht (SG) hat verschiedene medizinische Unterlagen beigezogen und ein Gutachten des Prof. Dr. B. vom 8. Februar 2010 eingeholt. Danach handelt es sich um eine Erkrankung aus der Gruppe der Non-Hodgkin-Lymphome; dies...