Entscheidungsstichwort (Thema)

Landwirtschaftliche Unfallversicherung. Beitragsrecht. Satzung. Beitragsfestsetzung für ein forstwirtschaftliches Unternehmen. Beitragsjahr 2013. bundeseinheitliche Regelung. keine Differenzierung. strukturelles Vollzugsdefizit. sozialgerichtliches Verfahren. keine Kostenfreiheit gem § 183 SGG. Klage des forstwirtschaftlichen Unternehmers als Beitragsschuldner

 

Leitsatz (amtlich)

1. Satzungsbestimmungen, die die Beitragsfestsetzung für ein forstwirtschaftliches Unternehmen für das Beitragsjahr 2013 bundeseinheitlich ohne Differenzierung nach Lage des Forsts oder der Baumart regeln, sind nicht zu beanstanden (Anschluss an BSG vom 26.11.2019 - B 2 U 29/17 R = SozR 4-2700 § 183 Nr 3). Ferner ist es nicht zu beanstanden, wenn eine Satzung nicht danach differenziert, ob die anfallenden Arbeiten auf den forstwirtschaftlichen Flächen durch den Unternehmer selbst oder durch Lohnunternehmer erfolgen.

2. Zu den Voraussetzungen, ab wann ein strukturelles Vollzugsdefizit zu einer Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung führt.

3. Ein forstwirtschaftlicher Unternehmer, der sich gegen die Erhebung von Beiträgen wendet, ist im Gerichtsverfahren kostenrechtlich nicht privilegiert.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.05.2021; Aktenzeichen B 2 U 186/20 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 13. November 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 1.409,80 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Beitragserhebung zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung für das Beitragsjahr 2013.

Der Kläger erwarb im Jahr 2004 forstwirtschaftliche Grundstücke in einer Größe von 186,3 ha (Waldfläche 178,1 ha, Nicht-Holzboden Fläche 2,5 ha, Grünland 5,7 ha) von der Bodenverwertungsgesellschaft (BVVG) zu Eigentum und zeigte die Übernahme der Bewirtschaftung mit Schreiben vom 31. Oktober 2004 gegenüber der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, an. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Januar 2005 ihre Zuständigkeit für den forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers seit dem 17. November 2004 fest. Mit weiterem Kaufvertrag erwarb der Kläger von der BVVG im Jahr 2005 weitere Forstflächen in einer Größe von 30,19 ha (Forst-/Waldfläche 27,23 ha, Geringstland 2,26 ha, Unland 0,70 ha). Im März 2009 übertrug er 32,29 ha Wald, 2,26 ha Unland und 3,2 ha Geringstland auf seine Ehefrau und kaufte im November 2011 von der BVVG weitere 5,6131 ha Waldfläche. Im Beitragsjahr 2013 wies die maßgebliche Forstfläche eine Größe von 198,17 ha auf.

Mit Schreiben vom 4. September 2013 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass mit Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau zum 1. Januar 2013 die Beitragsberechnung nach einem für das Bundesgebiet einheitlichen Beitragsmaßstab verbunden sei. Für die Umlagejahre 2013 bis 2017 erfolge eine schrittweise Heranführung an die neue Beitragshöhe durch einen individuellen Angleichungssatz. Es würden ergänzende Informationen zu den nachfolgend aufgeführten Produktionsverfahren benötigt. Es werde gebeten, den beigefügten Fragebogen ausgefüllt zurückzusenden. Den beigefügten Erhebungsbogen füllte der Kläger unter dem 5. Oktober 2013 aus und meldete aufgrund einer Neuveranlagung durch das Finanzamt S. für 2013 eine Forstfläche von 198,17 ha. Den steuerlichen Nutzungssatz in Einschlagsfestmetern teilte er unter Bezugnahme auf die Festlegung der Forsteinrichtung und deren Anerkennung durch die Oberfinanzdirektion Thüringen unter dem 3. Dezember 2013 mit 4,9 Einschlagsfestmetern je Hektar (EFM/ha) mit.

Mit Bescheid vom 17. April 2014 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Beitragsforderung für das Umlagejahr 2013 auf 1.409,80 Euro fest. In die Berechnung stellte sie einen Grundbeitrag in der Mindesthöhe von 60 Euro sowie einen Risikobeitrag i. H. v. 2.660,49 Euro ein. Unter Berücksichtigung des Abzugs eines Zuschusses aus Bundesmitteln und der Senkung nach der Übergangvorschrift ergab sich ein Zahlbetrag i. H. v. 1.409,80 Euro. Hiergegen legte der Kläger am 15. Mai 2014 Widerspruch ein. Alle Arbeiten würden durch Fremdfirmen verrichtet, gegenüber deren Mitarbeitern nicht er, sondern die jeweilige Firma haftbar sei.

Die Beklagte wies durch Widerspruchsbescheid vom 25. September 2014 den Widerspruch als unbegründet zurück. Für die Beitragsberechnung sei es unbedeutend, ob die im Unternehmen anfallenden Arbeiten von Kläger selbst oder von Dritten, wie z. B. Lohnunternehmern, ausgeführt würden. Abgestellt werde auf das unternehmerische Risiko. Land- und forstwirtschaftliche Lohnunternehmen seien eigenständige Unternehmen, die der Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Unfallversicherung unterlägen. Deren Beitragspflicht beschränke sich jedoch auf betriebsspezifische Risiken, die über die Tätigkeit im jeweiligen Einsatzbetrieb hinaus...

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