Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Klage gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB 12. Nichterforderlichkeit einer Beiladung der Schiedsstelle. Statthaftigkeit der Anfechtungsklage. Schiedsstellenentscheidung als Verwaltungsakt. Nichterforderlichkeit einer Rückverweisung an die Schiedsstelle. eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit. Fehlerhaftigkeit des Schiedsverfahrens. kein faires Verfahren. Aufklärungspflicht. fehlender Hinweis auf Substantiierungsmängel
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der verbleibenden sozialgerichtlichen Prüfungskompetenz bleibt zu prüfen, ob die Schiedsstelle nach § 80 SGB 12 die Festsetzung auf Grundlage eines fairen Verfahrens getroffen hat. Dem genügt sie nicht, wenn sie den klagenden Leistungserbringer darüber im Unklaren lässt, wie er verbleibende Substantiierungsmängel beheben kann. Das gilt zumindest, wenn für einen verständigen Prozessbevollmächtigten die nach Auffassung der Schiedsstelle verbleibenden Substantiierungsmängel nicht zweifelsfrei zu erkennen sind.
Orientierungssatz
1. Im Verfahren gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB 12 ist diese nicht beizuladen. Zwar kann eine Entscheidung des Gerichts auf die Schiedskompetenz der Schiedsstelle einwirken. Sie ist gleichwohl nicht als sog Dritter in eigener Rechtssphäre betroffen, sondern wirkt als hoheitliches Vertragshilfeorgan (vgl LSG München vom 24.4.2013 - L 8 SO 18/12 KL).
2. Soweit sich der Kläger gegen die Entscheidung der Schiedsstelle wendet, ohne eine gerichtliche Festsetzung der Vergütung oder eine Verpflichtung der Schiedsstelle hierzu erwirken zu wollen, ist die Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 S 1 Alt 1 SGG die statthafte Klageart. Nach mittlerweile herrschender Rechtsprechung (vgl LSG Darmstadt vom 25.2.2011 - L 7 SO 237/10 KL = Sozialrecht aktuell 2011, 117, LSG München vom 24.11.2011 - L 8 SO 223/09 KL und L 8 SO 135/10 KL sowie BVerwG vom 28.2.2002 - 5 C 25/01 = BVerwGE 116, 78 = Buchholz 436.0 § 93 BSHG Nr 7) handelt es sich bei der Schiedsstellenentscheidung um einen gerichtlich - wenn auch nur eingeschränkt - überprüfbaren Verwaltungsakt.
3. Einer ausdrücklichen Rückverweisung an die Schiedsstelle bedarf es nicht, da mit der Aufhebung der Schiedsstellenentscheidung das Schiedsverfahren wieder eröffnet ist (vgl LSG Stuttgart vom 5.10.2011 - L 2 SO 5659/08 KL und LSG Hamburg vom 30.10.2012 - L 4 SO 33/10 KL).
Tenor
Die Schiedssprüche der Schiedsstelle des Beklagten vom 21. Mai 2013 sowie ihre Gebührenbeschlüsse vom 29. Mai 2013 werden aufgehoben.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu 2/3, die Klägerin zu 1/3 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klagen richten sich vorrangig gegen Schiedssprüche der Schiedsstelle des Beklagten nach § 80 SGB XII zur Höhe der Leistungsvergütungen für zwei Einrichtungen der Klägerin für den Zeitraum vom 26. März 2013 bis 31. Mai 2013. Daneben sind mit ihnen auch die Gebührenfestsetzungen für die Verfahren angefochten.
Die Klägerin betreibt Einrichtungen zur Eingliederungshilfe i.S.d. 13 SGB XII im ... Gegenständlich betroffen sind einerseits die Werkstatt für behinderte Menschen (...) in ... (...) sowie das Wohnheim für Menschen mit Behinderungen “...-...„ in ... (Wohnheim). Das Wohnheim umfasst einerseits behinderte Menschen, welche “werkstattfähig„ sind (Tagesbesucher) als auch solche, welche ganztägig in dem Heim betreut werden (Heimbetreuung).
Für das Wohnheim - Heimbetreuung - galt zuletzt eine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung (Vereinbarung) vom 9. Mai 2012 für den Zeitraum vom 14. Mai 2012 bis 30. April 2013, aufgrund derer folgende Vergütungssätze vereinbart wurden (Grundpauschale: 24,64 Euro/BT, Maßnahmepauschale 57,49 Euro/BT, Investitionsbeitrag 7,14 Euro/BT, insgesamt 89,27 Euro/BT). Für Tagesbesucher galt hingegen die Vereinbarung vom 9. März 2010 fort, weil die zunächst beantragte Erhöhung der Vergütung im Einverständnis mit der Klägerin abgelehnt wurde (Grundpauschale: 16,58 Euro/BT, Maßnahmepauschale 38,70 Euro/BT, Investitionsbeitrag 8,96 Euro/BT, insgesamt 64,24 Euro/BT).
Für die ... richtete sich die Vergütung noch nach der Vereinbarung vom 20. Juni 2008 (zuletzt: Grundpauschale: 11,77 Euro/BT, Maßnahmepauschale 27,46 Euro/BT, Investitionsbeitrag 3,47 Euro/BT, insgesamt 42,70 Euro/BT).
Die Anträge der Klägerin auf Neuverhandlungen vom 5. November 2012 gegenüber dem Beklagten für den Zeitraum ab 1. Januar 2013 begründete sie vor allem mit einer Auslastung von nur 95 % der Betreuungstage sowie erheblichen Steigerungen der Personalkosten, welche auf die Tarifbindung und damit verbundenen Umstellungen zurückzuführen seien. Daneben würden die Sachkosten vor allem durch Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel erhöht. Ihren Anträgen fügte sie ihre prospektiven Kostenkalkulationen bei (Bl. 57 ff., 110 ff. Verwaltungsakte).
Auf das Angebot des ... - ... - als überörtlichen Sozialhilfeträger des Beklagten mit einer Gesamtvergütung ab dem 1. Januar 2013 von 66,36 Eu...