Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Zahlungen aus einem privatrechtlichen Studienkredit einer Bank. keine Ausbildungsförderung für berufsbegleitenden Studiengang. bereite Mittel. kein wertmäßiger Einkommenszuwachs durch Rückzahlungspflicht
Orientierungssatz
1. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt als vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 dar, auch wenn es in Form "bereiter Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwendet werden kann (vgl BSG vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R = BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30).
2. Bei einem privatrechtlichen Darlehen ist es dabei unerheblich, ob es sich um eine einmalige oder dauernde Leistung handelt, zu welchem Zweck das Darlehen gewährt wird und ob der Darlehensgeber ein Verwandter oder zB eine Bank ist. Maßgeblich für die Einordnung als Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB 2 ist, ob es sich um eine nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung handelt, die einer ernsthaften Rückzahlungsverpflichtung unterliegt und somit die Zahlung keinen wertmäßigen Zuwachs beim Einkommen darstellt.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 14. Oktober 2016 und der Bescheid vom 10. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2013 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis zum 31. Juli 2013 monatlich 694,50 € zu zahlen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein privater Studienkredit als Einkommen zu berücksichtigen ist.
Die 1984 geborene, erwerbsfähige Klägerin beantragte am 7. Juni 2013 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie war vom 1. November 2010 bis zum 4. Mai 2012 als Rechtsreferendarin und danach bis zum 31. Mai 2013 als wissenschaftliche Hilfskraft bei der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Sp. tätig gewesen. Von Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2013 absolvierte sie ein berufsbegleitendes postgraduales Fernstudium. Hierbei handelte es sich um einen weiterbildenden Masterstudiengang „Kriminologie und Polizeiwissenschaft“. Zulassungsvoraussetzung waren der erfolgreiche Abschluss eines Hochschulstudiums und eine mindestens einjährige einschlägige Berufstätigkeit. Die Regelstudienzeit betrug vier Semester. Das Studium bestand aus E-Learning und Präsenzphasen, wobei letztere in der Regel von Freitag bis Samstag stattfanden. Der Studiengang war berufsbegleitend konzipiert. Nach Auskunft des Amtes für Ausbildungsförderung vom 8. Juli 2013 handelte es sich nicht um einen BAföG-förderungsfähigen Studiengang. Zum 1. August 2013 trat die Klägerin erneut in den juristischen Vorbereitungsdienst ein.
Im März 2012 hatte die Klägerin bei der … Bank einen sog. Studentenkredit aufgenommen. Hierbei wurden ihr monatlich für die Dauer des Studiengangs 800,00 € ausgezahlt. Das Darlehen war am 30. Dezember 2014 zurückzuzahlen. Als Verwendungszweck wurde im Darlehensvertrag angegeben: „Finanzierung von Studiengebühren und Lebensunterhalt für ein Studium im o.g. Studiengang…“. Auf den Vertrag vom 22. März 2012 (Bl. 41f der Verwaltungsakte) wird Bezug genommen. Über weitere Einnahmen verfügte die Klägerin nicht. Das Darlehen sollte auch während des Bezugs von Grundsicherungsleistungen weiter bezogen werden.
Die Klägerin bewohnte eine Wohnung, für die eine Warmmiete von 625,00 € zu zahlen war. Hiervon hatte die Klägerin nach einer Vereinbarung mit ihrer Mitbewohnerin die Hälfte zu tragen.
Mit Bescheid vom 10. Juli 2013 lehnte die Beklagte den Leistungsantrag der Klägerin ab. Sie verfüge über bedarfsdeckendes Einkommen. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2013 zurückwies. Die Klägerin habe einen Bedarf von 694,50 € monatlich. Die monatlichen Zahlungen aus dem Studienkredit seien als Einkommen zu berücksichtigen. Es handele sich nicht um zweckgebundene Einnahmen, sondern die Klägerin sei frei, wie sie die Zahlung verwende. Im Übrigen werde der Kredit allein deswegen gezahlt, weil die Klägerin aus ihrem persönlichen Befinden heraus einen weiteren Bildungsweg eingeschlagen habe, ohne dass dafür eine Notwendigkeit bestanden habe. Es handele sich auch nicht um einen Bildungskredit im klassischen Sinne. Dieser werde von der …-Bank vergeben und setze voraus, dass ein grundsätzlich nach dem BAföG förderungsfähiger Studiengang absolviert werde. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu Verwandtendarlehen könne nicht auf die vorliegende Konstellation angewandt werden. Abzüglich der Versicherungspauschale ergebe sich ein anrechenbares Einkommen von 770,00 €, so dass der Bedarf vollständig gedeckt sei.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. Oktober 20...