Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Ruhen des Krankengeldes. freiwillig zum Mindestbeitrag Rentenversicherter. Bezug von Übergangsgeld. Nichtanwendung des Aufstockungsverbots
Orientierungssatz
§ 49 Abs 3 SGB 5 ist auf Personen, die Arbeitseinkommen erzielen und freiwillig zum Mindestbeitrag rentenversichert sind, nicht anzuwenden, so dass diesen das von der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlte Übergangsgeld um den Differenzbetrag zum Krankengeld (Krankengeldspitzbetrag) aufzustocken ist.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 27. Januar 2015 und der Bescheid vom 21. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2014 abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 26. April 2012 bis 22. Mai 2012 den sog. Krankengeld-Spitzbetrag in Höhe von täglich 18,97 EUR zu gewähren. Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zahlung eines sog. Krankengeld(Krg)-Spitzbetrags, der den Betrag des geleisteten Übergangsgeldes (Übg) übersteigt, an freiwillig Versicherte mit Anspruch auf Krg, die sich zum Mindestbeitrag rentenversichert haben.
Der Kläger war seit 1. April 1997 als Gas- und Wasserinstallateur selbstständig tätig und bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld freiwillig versichert. Seit 2. Januar 2012 bezog er wegen Arbeitsunfähigkeit Krg in Höhe nach einem Regelentgelt von täglich 42,60 EUR (29,82 EUR). Während einer vom Rentenversicherungsträger geleisteten stationären medizinischen Rehabilitation vom 26. April 2012 bis 22. Mai 2012 erhielt er Übg nach einem Regelentgelt von täglich 10,66 EUR; es ergab sich ein Zahlbetrag von 7,26 EUR.
Den im September 2013 gestellten Antrag des Klägers auf Zahlung des sog. Krg-Spitzbetrags in der Zeit vom 26. April bis 22. Mai 2012 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2014 ab, da sich die Höhe des Übg durch die vom Versicherten selbst gewählte Beitragszahlung bestimme.
Die unter Hinweis auf das Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Leistungsrecht vom März 2002 geführte Klage hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf § 49 Abs. 3 SGB V mit Urteil vom 27. Januar 2015 abgewiesen. Bei Bejahung des Anspruchs würde die Entscheidung des Klägers, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nur in Höhe des Mindestbetrags zu entrichten, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung unterlaufen. Das Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen sei mit § 49 Abs. 3 SGB V nicht in Einklang zu bringen.
Mit der vom SG zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Es liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zu dem Fall eines mit Anspruch auf Krg Selbstständigen versicherten vor, dem während einer Reha volles Krg gezahlt werde, wenn er wegen fehlender laufender, jedoch früherer Rentenversicherungsbeitragszahlung keinen Anspruch auf Übg habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 27. Januar 2015 und den Bescheid vom 21. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 26. April bis 22. Mai 2012 Krg unter Abzug des Übg des Rentenversicherungsträgers zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffenen Entscheidungen für rechtmäßig. Der im Gemeinsamen Rundschreiben vom 12. Juni 2018 zum Krankengeld beschriebenen Auffassung zu Besonderheiten im Hinblick auf das Aufstockungsverbot bei freiwillig Rentenversicherten für den Bereich der Mindestbeitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung könne sie sich nicht anschließen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Verwaltungsakte der Beklagten lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. Denn in der Ladung ist auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die - vom Sozialgericht zugelassene und auch ansonsten zulässige - Berufung ist überwiegend begründet.
Dem mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig geltend gemachten Anspruch auf den sog. Krg-Spitzbetrag stand hier für die Zeit des Übg-Bezugs das Aufstockungsverbot des § 49 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht entgegen, denn dieses kommt im Fall des Klägers nicht zur Anwendung. Allerdings besteht der Anspruch nicht voll im geltend gemachten Umfang, sondern das Krankengeld ist um den Betrag der Berechnungsgrundlage des Übg zu kürzen, der sich nach Anwendung von § 21 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ...