Entscheidungsstichwort (Thema)
Auferlegung von Verschuldenskosten bei Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung. Statusfeststellung. Rentenversicherungspflicht. Drittwirkung. Vertrauensschutz. Auswechseln der Rechtsgrundlage. Ermessen. Missbräuchlichkeit der Rechtsverteidigung
Orientierungssatz
1. Das Gericht kann nach § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, welche dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist.
2. Ein Missbrauch der Rechtsverfolgung wird u. a. dann angenommen, wenn ein Beteiligter zu erkennen gibt, dass er weiß, eine positive Entscheidung nicht erhalten zu können und trotzdem auf einem Urteil besteht und dabei ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit zeigt.
3. Eine offensichtliche Aussichtslosigkeit genügt für den Tatbestand des Missbrauchs.
Normenkette
SGB X § 45 Abs. 1, 2 S. 3, § 49; SGG §§ 77, 78 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 4. September 2009 und der Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. November 2006 aufgehoben. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge sowie die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3. für das Berufungsverfahren. Die Beklagte hat Gerichtskosten in Höhe von 500,00 Euro an die Staatskasse zu zahlen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers in dem Zeitraum vom 9. Januar 1996 bis 31. Dezember 2006 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3. streitig.
Der 1966 geborene Kläger war seit dem 1. Juli 1991 bei der Beklagten pflichtversichert. Er arbeitete seit 1982 zunächst beim "Autohaus H. K. - V. T.", danach bei der Beigeladenen zu 3. Diese wurde am 1. November 1995 mit einem Stammkapital in Höhe von 300.000,- DM in das Handelsregister eingetragen. Alleingesellschafter war V. T., der Vater des Klägers. Mit notariellem Vertrag vom 9. Januar 1996 trat der Alleingesellschafter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an den Kläger und dessen Bruder, M. T., jeweils einen Geschäftsanteil von nominal 72.000,- DM mit Gewinnbezugsrecht ab. Die Abtretung erfolgte unter der auflösenden Bedingung des Ablebens des Erwerbers vor dem Veräußerer und der Ausübung eines eingeräumten Rückforderungsrechts binnen sechs Monaten nach der Beendigung arbeits- oder dienstvertraglicher Beziehungen zwischen dem Unternehmen und dem Erwerber. Alleiniger Geschäftsführer blieb V. T ... Am 12. April 2005 wurde im Handelsregister die Erteilung von Einzelprokura für den Kläger und dessen Bruder M. T. eingetragen.
Am 30. Dezember 2005 beantragte der Kläger zusammen mit der Beigeladenen zu 3. und seinem Bruder bei der Beklagten die Überprüfung seines versicherungsrechtlichen Status wegen der leitenden Stellung im Unternehmen.
Mit Schreiben vom 23. Januar 2006 teilte die Beklagte ihm mit, dass es sich bei seinem Beschäftigungsverhältnis nicht um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne handele. Vielmehr gehöre er seit dem 9. Januar 1996 zum Personenkreis der Selbstständigen. Es sei beabsichtigt ihn für den Zeitraum ab 9. Januar 1996 als freiwilliges Mitglied einzustufen. Ihm werde hiermit die Möglichkeit eingeräumt, sich nochmals bis zum 7. Februar 2006 zur beabsichtigten Umstufung zu äußern. Mit Bescheid vom 8. Februar 2006 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 9. Januar 1996 zum Personenkreis der Selbstständigen gehört.
Am 21. März 2006 wandte sich die Beigeladene zu 2. aufgrund eines Antrags des Klägers auf Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen, dem eine Feststellung über das Nichtbestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht beigelegen habe, an die Beklagte und wies darauf hin, dass nach Punkt 8 der Niederschrift der Besprechung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 5./6. Juli 2005 vereinbart wurde, dass sich die Krankenkassen mit dem für die Betriebsprüfung des betreffenden Betriebes zuständigen Rentenversicherungsträger hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung von u.a. mitarbeitenden Gesellschaftern einer GmbH vor einer Bescheiderteilung abstimmen, wenn nach Auffassung der Krankenkasse keine Versicherungspflicht vorliegt/vorgelegen hat und ein Anspruch auf Beitragserstattung entstehen könnte, der ganz oder teilweise verjährt wäre. Aus ihren Unterlagen gehe nicht hervor, dass bereits eine versicherungsrechtliche Beurteilung eines Rentenversicherungsträgers abgegeben worden sei. Insoweit werde um Übersendung der entsprechenden Unterlagen gebeten. Falls noch keine solche Beurteilung ergangen sei, werde um Übersendung des Bescheides sowie der Unterl...