Verfahrensgang
SG Nordhausen (Urteil vom 18.06.1998; Aktenzeichen S 10 U 900/97) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten werden dasUrteil des Sozialgerichts Nordhausen vom18. Juni 1998 aufgehoben und Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Berufskrankheit durch Strahleneinwirkung in Folge des Reaktorunfalles von Tschernobyl im Jahre 1986.
Die Klägerin ist die Witwe des 1937 geborenen und am 5. Juli 1999 verstorbenen Klaus N. (im Folgenden: Versicherter genannt).
Der Versicherte war von 1982 bis 1990 Betriebsdirektor des ehemaligen Volkseigenen Betriebes (VEB) Kraftverkehr Mühlhausen mit 900 Mitarbeitern und nach der Wiedervereinigung bis 1994 Geschäftsführer des Nachfolgeunternehmens Mühlhäuser Kraftverkehrs GmbH.
Im August 1995 wandte er sich an die Beklagte zwecks Anerkennung einer Berufskrankheit und teilte mit, dass er im Oktober 1992 an der Universitätsklinik Göttingen an Darmkrebs und im Juli 1995 an Prostatakrebs operiert worden sei. Eine Chemotherapie werde zur Zeit durchgeführt, weil Metastasen in der Lunge festgestellt worden seien. Kausal für den Krebs sei der Reaktorunfall von Tschernobyl im Jahre 1986. Zum Zeitpunkt des Unfalles hätten sich Lastkraftwagen des VEB Kraftverkehr Mühlhausen in der verstrahlten Region aufgehalten. Nach Rückkehr der Fahrzeuge seien sie – zwecks Beseitigung der Radioaktivität – gewaschen worden. Die Waschaktion sei von ihm persönlich zu kontrollieren gewesen. Er führe seine Erkrankung sowohl auf den Kontakt mit den in Tschernobyl kontaminierten Fahrzeugen während des Reinigungsvorganges zurück als auch auf den Kontakt mit den Luftgebläsen und Filtern in den Reparaturhallen. Verantwortlich sei zudem der verseuchte Klärschlamm in der betriebseigenen Klärschlammgrube.
In dem sich anschließenden Verwaltungsverfahren zog die Beklagte Befundunterlagen der Georg-August-Universität Göttingen bei. Hinsichtlich Art und Weise der durchgeführten LKW-Wäschen befragte sie den früheren Direktor Wissenschaft und Technik des VEB Kraftverkehr Mühlhausen (den Zeugen …) sowie einen früheren LKW-Fahrer namens …. Beide bekundeten, dass der Versicherte die Aufgabe gehabt habe, die Reinigung kontaminierter Fahrzeuge zu veranlassen und zu leiten. Der Versicherte habe selbst keine Fahrzeugwäschen durchgeführt; es habe kein direkter körperlicher Kontakt mit den Fahrzeugen bestanden. Er habe sich lediglich in einem Abstand von zwei bis drei Metern zu den Fahrzeugen aufgehalten. Dessen Angaben, bei hundert Fahrzeugwäschen von je zwei Stunden anwesend gewesen zu sein, konnten nicht bestätigt werden. Die Anwesenheitszeit bei den Fahrzeugwäschen wurde von beiden Befragten als deutlich niedriger eingeschätzt. Kontakt zu kontaminiertem Klärschlamm habe nicht vorgelegen. Es habe lediglich die Möglichkeit bestanden, in etwa zehn Meter Entfernung am Absetzbecken entlang zu gehen.
Nachdem die Gewerbeärztin Dr. W. in ihrer Stellungnahme vom 23. April 1996 die Anerkennung einer Berufskrankheit nicht empfehlen konnte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Juni 1996 die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab.
Auf den Widerspruch des Versicherten unter Vorlage einer Befundung durch Prof. Dr. B. von der Georg-August-Universität Göttingen vom 16. Juli 1996 und diversen anderen ärztlichen Unterlagen holte die Beklagte eine Stellungnahme ihres beratenden Internisten Dr. M. vom 30. August 1996 ein, der ebenfalls einen Kausalzusammenhang verneinte.
Nach Vorlage eines durch den Versicherten veranlassten Privatgutachtens des Nuklearmediziners Prof. Dr. K. vom 10. Oktober 1996 befragte die Beklagte am 30. Januar 1997 den in die Durchführung der Reinigungsaktion einbezogenen Otto Z. und holte eine ergänzende Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 12. Februar 1997 ein. Zudem gab sie ein medizinisches Zusammenhangsgutachten bei dem Chirurgen Prof. Dr. W., das dieser unter dem 3. Juli 1997 mit dem Ergebnis der Verneinung eines Kausalzusammenhanges erstellte, in Auftrag.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 1997 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Dabei führte sie aus, dass die von Prof. Dr. K. dargelegten Ausführungen zur Strahlenbelastung vom TAD geprüft worden seien. In Auswertung des Gutachtens und der Angaben des Zeugen … ergebe sich, dass bei dem Versicherten während der LKW-Reinigung tatsächlich eine sehr viel geringere Strahlenbelastung vorgelegen habe als von Prof. Dr. K. angenommen. Dieser habe sich um den Faktor tausend verrechnet. Es bestehe nur die theoretische Möglichkeit, dass die Krebserkrankung des Versicherten bei genetischer Disposition durch die berufliche Strahlenexposition ausgelöst worden sei. Weitaus wahrscheinlicher sei, dass es sich insoweit um ein schicksalhaftes Leiden handele.
Im Klageverfahren hat Prof. Dr. K. unter dem 29. Dezember 1997 wegen seines Berechnungsfehlers Korrekturen an der ursprünglichen Einschätzung vom 10. Oktob...