Zusammenfassung
Ein Arbeitgeber darf einen Mitarbeiter auch dann nicht von einer Detektei überwachen lassen, wenn er eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit vermutet. Denn das stellt eine rechtswidrige Überwachung dar. Der Mitarbeiter hat Anspruch auf Schadensersatz.
Hintergrund
Der Arbeitnehmer war seit 2009 in verschiedenen Positionen im Vertrieb eines Unternehmens bzw. dessen Rechtsvorgängers beschäftigt.
Im vorliegenden Verfahren stritten die Parteien über die Wirksamkeit der außerordentlichen, fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers sowie über einen Entschädigungsanspruch wegen seiner Überwachung durch eine Detektei.
Der Kündigung des Vertrieblers waren bereits zuvor diverse unwirksame Kündigungen vorausgegangen, die das Arbeitsverhältnis nicht beendeten.
Am 4.2.2022 meldete er sich wegen einer Verletzung krank, da er auf der Treppe gestolpert sei. Mit einer Folgebescheinigung war er rund einen Monat arbeitsunfähig krankgeschrieben.
Der Arbeitgeber ließ den Arbeitnehmer in der Zeit vom 25.2.2022 bis zum 4.3.2022 durch eine Detektei überwachen. Diese notierte dabei auch Wahrnehmungen hinsichtlich seines Gesundheitszustandes, z.B., dass er sein Bein nachzog. Insgesamt war der Arbeitgeber nach dem Bericht der Detektei jedoch davon überzeugt, dass die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht war und kündigte dem Arbeitnehmer. Die Kündigungsschutzklage war in der Vorinstanz erfolgreich.
Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) ging es nur noch um die Rechtmäßigkeit des Schadensersatzanspruchs aufgrund der erfolgten Überwachung.
Entscheidung
Das BAG bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Zu Recht habe das Landesarbeitsgericht (LAG) dem Arbeitnehmer einen immateriellen Schadenersatz zugesprochen. Auch an der Höhe hatte es nichts auszusetzen.
In der Begründung stellte das BAG fest, dass ein Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung vorlag. Bei der Dokumentation des sichtbaren Gesundheitszustands des Arbeitnehmers, insbesondere seines Gangs, habe es sich zum Teil um Gesundheitsdaten i.S.d. DSGVO gehandelt.
Der Arbeitgeber hat als Verantwortlicher im Rahmen der Observation ohne Einwilligung des Arbeitnehmers dessen Gesundheitsdaten verarbeitet. Das war nach Meinung des obersten Arbeitsgerichts jedoch im konkreten Fall nicht erforderlich. Der Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nicht durch begründete Zweifel erschüttert.
Durch die rechtswidrige Observation hat der Arbeitnehmer nach Meinung des BAG auch einen immateriellen Schaden erlitten. Durch die mehrtägige Überwachung und die heimliche Beobachtung ist der Verlust von Kontrolle und die daraus folgende Befürchtung weiterer Überwachung selbsterklärend und bedürften keiner weiteren näheren Darlegung. Der Betrag von insgesamt 1.500 EUR ist auch im Ergebnis angemessen.