Zusammenfassung
Seit dem Jahr 2022 sind bestimmte Photovoltaikanlagen von der Steuer befreit. Wurde bereits im Jahr 2021 ein entsprechender Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen, kann es passieren, dass das Finanzamt diesen wegen der Steuerfreiheit der Photovoltaikanlage rückgängig macht. Der BFH lehnt diese Vorgehensweise ab.
Hintergrund
Seit 2022 sind bestimmte Photovoltaikanlagen nach § 3 Nr. 72 EstG steuerfrei. Doch was bedeutet das für Investitionsabzugsbeträge, die bereits 2021 beansprucht wurden? Ein Mann, der Beschwerdeführer, hatte einen solchen Betrag für eine geplante Photovoltaikanlage in seiner Steuererklärung 2021 angegeben. Das Finanzamt akzeptierte dies zunächst. Im November 2022 wurde die Anlage gekauft. Doch wenig später, im November 2023, wollte das Finanzamt den Steuerbescheid ändern und den Investitionsabzugsbetrag rückgängig machen, basierend auf der Steuerfreiheit der Anlage.
Nach der Auffassung des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) sind nämlich Investitionsabzugsbeträge, die
- in vor dem 1.1.2022 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen und
- bis einschließlich zum 31.12.2021 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet wurden,
rückgängig zu machen, wenn in nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigte Photovoltaikanlagen investiert wurde.
Der Mann legte Einspruch ein, jedoch ohne schnelle Entscheidung. Sein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) wurde sowohl von dem Finanzamt als auch vor dem Finanzgericht abgelehnt. Ihre Begründung: Durch die Steuerfreiheit sei im Jahr 2022 kein Gewinn zu berechnen, sodass auch keine Gewinnermittlung zu erstellen sei. Damit fehlt es an einer Gewinnermittlung, bei der eine gewinnerhöhende Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags erfolgen könnte.
Entscheidung
Ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) wird normalerweise aufgelöst, indem er im Jahr der tatsächlichen Investition in das Anlagegut dem steuerlichen Gewinn hinzugerechnet wird. Dies bedeutet, dass der zuvor abgezogene Betrag die steuerliche Bemessungsgrundlage im Jahr der Investition wieder erhöht. Dadurch wird der Steuervorteil, der durch den IAB in einem Vorjahr entstanden ist, im Jahr der Investition ausgeglichen.
Das Gericht, in diesem Fall der Bundesfinanzhof (BFH), gab dem Beschwerdeführer aus mehreren Gründen Recht:
- Unklare gesetzliche Regelung: Es existiert keine eindeutige gesetzliche Regelung, die vorschreibt, dass ein bereits geltend gemachter IAB rückgängig gemacht werden muss, wenn das betreffende Wirtschaftsgut später steuerfrei wird. Diese Unklarheit führte zu ernsthaften Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise des Finanzamtes.
- Zeitliche Fristen: Die Auflösung eines IAB erfolgt normalerweise innerhalb eines bestimmten Zeitraums, der im Gesetz festgelegt ist. Da der Beschwerdeführer die Investition im Jahr 2022 tatsächlich getätigt hat, befand sich die Auflösung des IAB noch innerhalb des gesetzlich vorgesehenen Zeitrahmens.
- Individuelle Gewinnsituation: Die Notwendigkeit einer Hinzurechnung hängt von der individuellen Gewinnsituation und deren Ermittlung ab. Das Gericht stellte fest, dass aufgrund der Steuerfreiheit kein Gewinn berechnet werden musste, was die Hinzurechnung des Betrags in Frage stellte.
- Rechtsprechung: Die Rechtsprechung zu diesem Thema ist noch nicht abschließend geklärt, was dem Beschwerdeführer in dieser Situation zugutekam.
Aufgrund der unklaren gesetzlichen Regelung ist die Aussetzung der Vollziehung (AdV) antragsgemäß zu gewähren.