Zusammenfassung
Der Gewerbeertrag kann gekürzt werden, wenn ein Teil dieses Gewinns aus einer Betriebsstätte im Ausland stammt. Diese Regel gilt auch, wenn ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung es Deutschland erlauben würde, den gesamten Gewinn zu besteuern. Selbst wenn deutsche und ausländische Steuerbehörden zustimmen, dass Deutschland den gesamten Gewinn besteuern könnte, wird dennoch der Teil des Gewinns, der im Ausland entstanden ist, bei der Berechnung der Gewerbesteuer abgezogen.
Hintergrund
Eine Tochtergesellschaft eines niederländischen Konzerns, die in Deutschland im Wohnungsbau tätig ist, hatte eine steuerliche Kontroverse hinsichtlich der Aufteilung ihres Gewerbeertrags zwischen Deutschland und den Niederlanden.
Bei der Tochtergesellschaft handelte es sich um eine GmbH & Co. KG, die laut Satzung einen Sitz im Inland hatte und Bauprojekte sowohl auf eigenen als auch auf fremden Grundstücken durchführte. Die Komplementärin und die Kommanditistin der Gesellschaften hatten jeweils auch ihren Sitz im Inland. Die GmbH & Co. KG unterhielt neben den Baustellen lediglich eine Korrespondenzadresse (Briefkasten) im Inland.
Während die Bauleitung in Deutschland vor Ort war, wurde die Geschäftsführung aus den Niederlanden geleitet.
Ein Joint Audit, ein gemeinsamer steuerlicher Außenprüfungsvorgang zwischen deutschen und niederländischen Behörden, führte zu einer Einigung:
Die Firma beanstandete diese Aufteilung und beantragte nach erfolglosem Einspruch mit einer Klage eine Herabsetzung der Gewerbesteuermessbeträge.
Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die angefochtenen Bescheide dahin geändert, dass "im Rahmen der Kürzungen zusätzlich eine Kürzung um ein Drittel des Gewinns aus Gewerbebetrieb vorgenommen wird"; ansonsten hat es die Klage als unbegründet abgewiesen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) entscheidet, dass die Revision des Finanzamts und die Anschlussrevision der Klägerin begründet sind. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Die GmbH & Co. KG hat mehrere inländische Betriebsstätten unterhalten. Sog. Bauausführungs-Betriebsstätten liegen vor, soweit
- sie inländische Grundstücke zu Eigentum erworben, bebaut und weiterveräußert hat - denn dann hat es sich bei den Grundstücken jeweils um feste Geschäftseinrichtungen oder Anlagen gehandelt, die der Tätigkeit der Klägerin gedient haben - und die Bauarbeiten jeweils mehr als 6 Monate angedauert haben oder
- die Klägerin als Generalunternehmerin Bauarbeiten auf fremden Grundstücken ausgeführt hat, die länger als 6 Monate angedauert haben.
Ein Teil der Einkünfte der Klägerin wurde in den Niederlanden erzielt, weshalb diese Einkünfte nicht vollständig der deutschen Gewerbesteuer unterliegen. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit den Niederlanden (DBA-NL) müssen bestimmte Gewinne, die in den Niederlanden erzielt wurden, von der deutschen Bemessungsgrundlage ausgenommen werden.
Die GmbH & Co. KG ist keine Person im eigentlichen Sinne, sondern eine Personengesellschaft. Daher sind nicht die GmbH & Co. KG selbst, sondern ihre Gesellschafter, die B-GmbH und die V-GmbH, berechtigt, das Abkommen zu nutzen. Die Gewinne aus Bauprojekten auf fremden Grundstücken sind laut Abkommen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ob Deutschland diese Gewinne besteuern darf, hängt davon ab, wo die Geschäftsleitungen der V GmbH und der B GmbH ansässig waren.
Wenn sie aus den Niederlanden geleitet wurden, darf Deutschland nur die Gewinne besteuern, die durch eine inländische Betriebsstätte erzielt wurden, was eine Bauzeit von über 12 Monaten erfordert. Wenn die Geschäfte von Deutschland aus geleitet wurden, hätte Deutschland das Besteuerungsrecht, und die niederländischen Gewinne müssten von der Bemessungsgrundlage ausgenommen werden.
Nach zutreffender Auffassung des FG gehören die Gewinne aus der Veräußerung der bebauten Grundstücke nicht vollständig zur gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage. Da die Geschäfte der Klägerin von der niederländischen Konzernzentrale aus geleitet worden sind, hat sich dort eine Betriebsstätte (Stätte der Geschäftsleitung) befunden.
Das FG hat bisher nicht ausreichend geprüft, wie die Gewinne zwischen den deutschen und niederländischen Betriebsstätten aufzuteilen sind. Deshalb muss das FG im zweiten Rechtsgang klären, welcher Teil der Gewinne der inländischen und welcher der ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist. Dies betrifft insbesondere die Gewinne aus den Bauprojekten auf fremden Grundstücken.