Gesetzestext
(1) Ein Ersuchen um Vernehmung einer Person wird nicht erledigt, wenn sich die betreffende Person auf ein Recht zur Aussageverweigerung oder auf ein Aussageverbot beruft,
a) |
das nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts vorgesehen ist oder |
b) |
das nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts vorgesehen und im Ersuchen bezeichnet oder erforderlichenfalls auf Verlangen des ersuchten Gerichts von dem ersuchenden Gericht bestätigt worden ist. |
(2) Die Erledigung eines Ersuchens kann über die in Absatz 1 genannten Gründe hinaus nur insoweit abgelehnt werden, als
a) |
das Ersuchen nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung nach Artikel 1 fällt oder |
b) |
die Erledigung des Ersuchens nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt oder |
c) |
das ersuchende Gericht der Aufforderung des ersuchten Gerichts auf Ergänzung des Ersuchens gemäß Artikel 8 nicht innerhalb von 30 Tagen, nachdem das ersuchte Gericht das ersuchende Gericht um Ergänzung des Ersuchens gebeten hat, nachkommt oder |
d) |
eine Kaution oder ein Vorschuss, die gemäß Artikel 18 Absatz 3 verlangt wurden, nicht innerhalb von 60 Tagen nach dem entsprechenden Verlangen des ersuchenden Gerichts hinterlegt bzw. einbezahlt werden. |
(3) Die Erledigung darf durch das ersuchte Gericht nicht allein aus dem Grund abgelehnt werden, dass nach dem Recht seines Mitgliedstaats ein Gericht dieses Mitgliedstaats eine ausschließliche Zuständigkeit für die Sache in Anspruch nimmt oder das Recht jenes Mitgliedstaats ein Verfahren nicht kennt, das dem entspricht, für welches das Ersuchen gestellt wird.
(4) Wird die Erledigung des Ersuchens aus einem der in Absatz 2 genannten Gründe abgelehnt, so setzt das ersuchte Gericht unter Verwendung des Formblatts H im Anhang das ersuchende Gericht innerhalb von 60 Tagen nach Eingang des Ersuchens bei dem ersuchten Gericht davon in Kenntnis.
Rn 1
Zugunsten des Betroffenen kumuliert Abs 1 die Aussageverweigerungsrechte beider Staaten; dazu gehören auch die Regeln über die Entbindung von einer Verschwiegenheitspflicht (MüKoZPO/Rauscher Rz 3).
Rn 2
Ein Ablehnungsgrund gem Abs 2 lit b liegt vor, wenn die Beweiserhebung gegen völkerrechtlich begründete Immunitätsvorschriften verstieße, zB gegen §§ 18 ff GVG. Nicht hierher gehört die Frage, ob die Beweiserhebung Sache der Parteien oder des Gerichts ist (GA Kokott, Schlussantrag EuGHE 2007 I-7929 Rz 100 ff).
Rn 3
Das ersuchte Gericht darf die Erledigung nur aus den in der Vorschrift genannten Gründen ablehnen. Insbesondere darf von dem ersuchenden Gericht nur dann ein Kostenvorschuss verlangt werden, wenn dies ausdrücklich vorgesehen ist, dh gem Abs 2 lit d iVm Art 18 III für die Kosten eines Sachverständigen. Für die Entschädigung oder Auslagen eines Zeugen darf von dem ersuchten Gericht ggü dem ersuchenden Gericht kein Kostenvorschuss verlangt werden (EuGH NJW 11, 2493).
Rn 4
Rechtsbehelfe gegen die Ablehnung eines Ersuchens regelt die EuBVO nicht, sodass das Recht des ersuchten Staats maßgeblich ist. In Deutschland ist deshalb der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem §§ 23 ff EGGVG statthaft.