Rn 5

Dieser Absatz zeigt auf, unter welchen Umständen davon auszugehen ist, dass die auf Art 12 gestützte Zuständigkeit ›in Einklang mit dem Wohl des Kindes steht‹, wenn das betreffende Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat hat, der nicht Vertragspartei des Haager Kinderschutzübereinkommens v 1996 ist und sich ein Verfahren in dem betreffenden Drittstaat als unmöglich erweist. Diese Fälle sind natürlich sehr selten. Der Unmöglichkeit sind uE die Fälle der Unzumutbarkeit gleichzustellen, was aus der englischen Textfassung der Verordnung folgt. Dort heißt es nicht ›if it is impossible to hold proceedings in the third state in question‹, sondern ›if it is found impossible‹ (so auch NK-BGB/Gruber Art 12 Rz 10; s.a. die französische Fassung: ›lorsqu'une procédure s'avère impossible‹).

 

Rn 6

Art 10 der neuen Brüssel IIb-VO sieht ebenfalls eine Gerichtsstandsvereinbarung vor. Eine besondere Bindung des Kindes an den an sich unzuständigen Gerichtsstaat ist nicht mehr von abschließend aufgeführten Umständen abhängig. Das ergibt sich aus Art 10 I lit a (›insbesondere‹).

 

Rn 7

Art 10 I lit b sublit ii eröffnet nunmehr die Möglichkeit, die Zuständigkeit während des laufenden Verfahrens nach Belehrung durch das Gericht ausdrücklich anzuerkennen. Auch eine Gerichtsstandsvereinbarung ist für alle künftigen Rechtsstreitigkeiten möglich (Art 10 I lit b), sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Ansonsten endet die vereinbarte Zuständigkeit mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder der Beendigung aus anderem Grund (Art 10 III). Die Gerichtsstandsvereinbarung muss von den Parteien allerdings ausdrücklich schriftlich, auch in Form einer elektronischen Übermittlung, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglicht, niedergelegt, datiert und unterzeichnet sein, ggf reicht eine gerichtliche Protokollierung aus. Ein Widerruf ist dann ausgeschlossen (Gruber/Möller IPRax 20, 393, 395). Da eine derartig geschlossene Vereinbarung keine ausschließliche Wirkung hat – dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss des Art. 10 IV (aA Gruber/Möller IPRax 20, 393, 395 unter Hinweis auf Erw 38 S 4) –, kann auch noch ein Verfahren wegen der elterlichen Sorge im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts eingeleitet werden. Der andere Elternteil wird durch die Rechtshängigkeitssperre des Art 20 II geschützt.

 

Rn 8

Die allgemeine Regelung über eine Gerichtsstandsvereinbarung macht die Unterscheidung zwischen Verfahren mit oder ohne anhängigem Scheidungsverfahren entbehrlich. Während eines laufenden HKÜ-Verfahrens ermöglicht Art 10 va die Vereinbarung der Zuständigkeit des HKÜ-Gerichts auch für Sorge- und Umgangsregelungen mit ausschließlicher Wirkung (vgl Art 10 IV).

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