Gesetzestext
Unbeschadet des Artikels 3 ist das Gericht eines Mitgliedstaats, das eine Entscheidung über eine Trennung ohne Auflösung des Ehebandes erlassen hat, auch für die Umwandlung dieser Entscheidung in eine Ehescheidung zuständig, sofern dies im Recht dieses Mitgliedstaats vorgesehen ist.
Rn 1
Diese Vorschrift ordnet – aus Gründen des Sachzusammenhangs – eine Zuständigkeitsfortdauer zugunsten des Gerichts an, das über die Trennung der Ehegatten entschieden hat; dieses Gericht bleibt auch für die Scheidung der beteiligten Eheleute zuständig. Dies gilt – wie bei Art 4 – nicht nur hinsichtlich der internationalen, sondern auch bzgl der örtlichen Zuständigkeit und auch dann, wenn das Gericht im Trennungsverfahren seine internationale Zuständigkeit verkannt hatte (Zö/Geimer Art 5 Rz 4).
Rn 2
Die Trennung muss justiziell erfolgen, also vom Gericht angeordnet worden sein. Das Trennungsurt/der Trennungsbeschl muss zudem im jeweiligen Fall materiell- oder verfahrensrechtliche Voraussetzung für die Scheidung sein (konkrete Konnexität), ohne dass im Scheidungsurteil/Scheidungsbeschl zwingend auf eine Umwandlung im engen Wortsinne erkannt werden müsste, zumal der Begriff der ›Umwandlung‹ durch den Europäischen Verordnungsgeber nicht näher erläutert wird (Staudinger/Spellenberg Art 5 Rz 4; vgl auch ThoPu/Hüßtege Art 5 Rz 2; letztlich wohl auch BGH FamRZ 67, 452 und FamRZ 87, 593; anders aber offensichtlich Rieck FPR 07, 427, 430, der Scheidungen, die materiell eine gerichtliche Trennung zur Voraussetzung haben, wie bspw im italienischen Recht, nicht als Fall einer Umwandlung ansieht).
Im Einklang mit der vormals geltenden Rechtslage ermöglicht auch die Rom III-Verordnung eine Umwandlung der gerichtlichen Trennung in eine Scheidung. Dies folgt bereits aus dem Gleichlaufprinzip des Art 9 I Rom III-Verordnung (aA Hausmann Art 5 Rz A 107). Art 8 lit a Rom III-Verordnung (Recht des gewöhnlichen Aufenthalts) kommt deshalb in Deutschland – insbes für Altfälle – nicht zur Anwendung (Stuttg FamRZ 13, 1803; Anm Dimmler/Bißmaier FamRBint 13, 29; aA Hausmann Art 9 Rom III-VO Rz A 445), unabhängig davon ob die Ehe im In- oder Ausland gerichtlich getrennt worden ist (Gruber IPRax 12, 381, 388; aA Staudinger/Spellenberg, Art 5 Rz 10).
Rn 3
Die Zuständigkeit nach Art 5 lässt eine etwaige Zuständigkeit nach Art 3 unberührt (›unbeschadet‹), weshalb etwaige Kompetenzkonflikte über Art 19 zu lösen sind (Hausmann Art 5 Rz A 104; eingehend Rieck FPR 07, 427, 430). Zuständig ist allerdings das zuerst angerufene und nicht das damalige mit der Trennung befasste Gericht (aA ThoPu/Hüßtege Art 5 Rz 3).