Gesetzestext
(1) Sind die in Artikel 8 genannten Voraussetzungen erfüllt, so erlässt das Gericht so bald wie möglich und in der Regel binnen 30 Tagen nach Einreichung eines entsprechenden Antrags einen Europäischen Zahlungsbefehl unter Verwendung des Formblatts E gemäß Anhang V. Bei der Berechnung der 30-tägigen Frist wird die Zeit, die der Antragsteller zur Vervollständigung, Berichtigung oder Änderung des Antrags benötigt, nicht berücksichtigt.
(2) Der Europäische Zahlungsbefehl wird zusammen mit einer Abschrift des Antragsformulars ausgestellt. Er enthält nicht die vom Antragsteller in den Anlagen 1 und 2 des Formblatts A gemachten Angaben.
(3) In dem Europäischen Zahlungsbefehl wird der Antragsgegner davon in Kenntnis gesetzt, dass er
a) |
entweder den im Zahlungsbefehl aufgeführten Betrag an den Antragsteller zahlen kann, |
oder
b) |
gegen den Europäischen Zahlungsbefehl bei dem Ursprungsgericht Einspruch einlegen kann, indem er innerhalb von 30 Tagen ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsbefehls an ihn seinen Einspruch versendet. |
(4) In dem Europäischen Zahlungsbefehl wird der Antragsgegner davon unterrichtet, dass
a) |
der Zahlungsbefehl ausschließlich auf der Grundlage der Angaben des Antragstellers erlassen und vom Gericht nicht nachgeprüft wurde, |
b) |
der Zahlungsbefehl vollstreckbar wird, wenn nicht bei dem Gericht nach Artikel 16 Einspruch eingelegt wird, |
c) |
im Falle eines Einspruchs das Verfahren von den zuständigen Gerichten des Ursprungsmitgliedstaats gemäß den Regeln eines ordentlichen Zivilprozesses weitergeführt wird, es sei denn, der Antragsteller hat ausdrücklich beantragt, das Verfahren in diesem Fall zu beenden. |
(5) Das Gericht stellt sicher, dass der Zahlungsbefehl dem Antragsgegner gemäß den nationalen Rechtsvorschriften in einer Weise zugestellt wird, die den Mindestvorschriften der Artikel 13, 14 und 15 genügen muss.
Rn 1
Im Unterschied zum deutschen zweistufigen Mahnverfahren (§§ 688 ff) ist das Europäische Mahnverfahren einstufig ausgestaltet (wie bspw auch das Mahnverfahren in Österreich). Dh, es wird unmittelbar der Europäische Zahlungsbefehl zugestellt (Art 12 ff) und dieser wird später mangels Einspruchs (Art 16f) für vollstreckbar erklärt (Art 18). Es gibt also für den Schuldner nur eine Einspruchsmöglichkeit. Nach Erklärung der Vollstreckbarkeit ist ein Rechtsbehelf nur noch in Ausnahmefällen (Art 20) möglich.
Rn 2
Die in Art 12 I genannte 30-Tages-Frist für den Erlass des Europäischen Zahlungsbefehls soll vom Gericht zwar eingehalten werden, aber die Verordnung knüpft an eine Überschreitung keinerlei Sanktionen. Die Fristüberschreitung kann aber bei der Prüfung von Staatshaftungsansprüchen ggf relevant werden.
Rn 3
Der Europäische Zahlungsbefehl ist dem Antragsgegner einschließlich einer Abschrift des Antrags zuzustellen (Abs 5); erst die Zustellung setzt die Einspruchsfrist in Lauf (Art 16 II). Die Zustellung erfolgt nach allgemeinen Regeln, dh nach den nationalen Zustellungsvorschriften des Forumstaates. Bei Auslandszustellung ist die EuZVO anwendbar (EuGH EuZW 18, 1001 = ECLI:EU:C:2018:675), der Empfänger ist insb entspr den Regelungen in der EuZVO zusammen mit dessen Formblatt II über ein ihm ggf zustehendes Annahmeverweigerungsrecht zu belehren (EuGH aaO Rz 43). Art 13–14 EuMVVO stellen außerdem zum Schutz des Antragsgegners ebenso wie Art 13–14 EuVTVO bestimmte Mindestanforderungen auf, deren Einhaltung vom Gericht zu gewährleisten ist. Können diese Mindestanforderungen nicht erfüllt werden – etwa wegen unbekannter Anschrift des Antragsgegners (Art 14 II) – so scheitert daran das Europäische Mahnverfahren und der Europäische Zahlungsbefehl darf nicht für vollstreckbar erklärt werden (vgl dazu § 1092 ZPO Rn 3).
Rn 4
Ist der Europäische Zahlungsbefehl in einem anderen Mitgliedstaat zuzustellen, so gelten für die zu verwendende Sprache Art 5 und 8 EuZVO, und zwar auch für die Abschrift des Antragsformulars (EuGH EuZW 18, 1001, 1003; vgl auch § 1089 II).