Gesetzestext
(1) Auf Antrag des Antragsgegners wird die Vollstreckung vom zuständigen Gericht im Vollstreckungsmitgliedstaat verweigert, wenn der Europäische Zahlungsbefehl mit einer früheren Entscheidung oder einem früheren Zahlungsbefehl unvereinbar ist, die bzw. der in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland ergangen ist, sofern
a) |
die frühere Entscheidung oder der frühere Zahlungsbefehl zwischen denselben Parteien wegen desselben Streitgegenstands ergangen ist, und |
b) |
die frühere Entscheidung oder der frühere Zahlungsbefehl die notwendigen Voraussetzungen für die Anerkennung im Vollstreckungsmitgliedstaat erfüllt, und |
c) |
die Unvereinbarkeit im gerichtlichen Verfahren des Ursprungsmitgliedstaats nicht geltend gemacht werden konnte. |
(2) Auf Antrag wird die Vollstreckung ebenfalls verweigert, sofern und insoweit der Antragsgegner den Betrag, der dem Antragsteller in einem Europäischen Zahlungsbefehl zuerkannt worden ist, an diesen entrichtet hat.
(3) Ein Europäischer Zahlungsbefehl darf im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nicht nachgeprüft werden.
Rn 1
Der freie Verkehr des vollstreckbaren Europäischen Zahlungsbefehls verbietet im Grundsatz eine sachliche Überprüfung im Vollstreckungsmitgliedstaat (Abs 3). Die Vorschrift regelt aber zwei Sonderfälle, in welchen das im Vollstreckungsstaat zuständige Gericht die Vollstreckung verweigern darf.
Rn 2
Die Regelung in Abs 1 entspricht derjenigen in Art 21 I lit a EuVTVO, weshalb auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (Art 21 EuVTVO Rn 2). Zahlungsbefehle iSd Vorschrift sind nicht nur der Europäischer Zahlungsbefehl, sondern auch vergleichbare Titel, die einem summarischen Verfahren entstammen (BeckOKZPO/Wolber Rz 6).
Rn 3
Die Vorschrift in Abs 2 erlaubt eine Verweigerung der Vollstreckung, wenn der Schuldner die Zahlung an den Gläubiger nachweist. Um das Einspruchsverfahren nicht zu entwerten wird Abs 2 nach hM einschränkend dahingehend ausgelegt, dass nur eine zeitlich nach Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls liegende Zahlung geltend gemacht werden könne (Freitag IPRax 07, 509, 513; Gebauer/Wiedmann/Sujecki Rz 2). Dagegen spricht aber, dass auch der vor Zustellung des Zahlungsbefehls zahlende Schuldner die Sache mit Recht für erledigt halten kann und sich der Notwendigkeit eines Einspruchs nicht bewusst sein muss; daher sollte auch er den Antrag gem Art 22 II stellen können, wenn der Gläubiger trotz Zahlung noch die Vollstreckung betreibt (Preuß ZZP 122, 3, 27).
Rn 4
Für Fälle der Titelkollision (Abs 1) gilt § 1096 I 1 iVm § 1084 I, II (s § 1084 Rn 1). Für den Erfüllungseinwand entspricht das Verfahren gem §§ 1096 II 1, 1086 I dem der Vollstreckungsgegenklage.