Gesetzestext

 

(1) Der Antragsteller wird von der Übermittlungsstelle, der er das Schriftstück zum Zweck der Übermittlung übergibt, davon in Kenntnis gesetzt, dass der Empfänger die Annahme des Schriftstücks verweigern darf, wenn es nicht in einer der in Artikel 8 genannten Sprachen abgefasst ist.

(2) Der Antragsteller trägt etwaige vor der Übermittlung des Schriftstücks anfallende Übersetzungskosten unbeschadet einer etwaigen späteren Kostenentscheidung des zuständigen Gerichts oder der zuständigen Behörde.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift regelt eine der wesentlichen Besonderheiten der EuZVO: Sie verlangt keine Übersetzung der zuzustellenden Schriftstücke, auch wenn der Empfänger die Sprache der Schriftstücke nicht beherrscht (BGH, Urt v 25.2.21 – IX ZR 156/19 Rz 34). Dadurch sollen grenzüberschreitende Zustellungen beschleunigt und Übersetzungskosten minimiert werden (s nur Gebauer/Wiedmann/Sujecki Rz 1). Ob die zuzustellenden Schriftstücke übersetzt werden bzw eine Übersetzung beigefügt wird, steht im Belieben der Parteien; der Empfänger wird ausreichend dadurch geschützt, dass er bei fehlenden Sprachkenntnissen gem Art 8 EuZVO die Annahme eines nicht übersetzten Schriftstücks verweigern kann (s dazu ausf Art 8 Rn 3 ff). Der Antragsteller ist deshalb gem Abs 1 auf sein Wahlrecht hinzuweisen; lässt er Übersetzungen anfertigen, trägt er gem Abs 2 zunächst die Kosten.

 

Rn 2

Die Regelung geht von einer Zustellung auf Veranlassung einer Partei aus und ist daher zB auch auf eine Streitverkündung anwendbar (vgl § 38 II 1 ZRHO). Für Zustellungen vAw ins EU-Ausland (insb eines Versäumnisurteil) trifft die EuZVO keine Regelung. Daher ist in diesen Fällen stets eine Übersetzung erforderlich. Ob diese ebenfalls von einer Partei erstellt werden kann, scheint fraglich.

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 3

Die Regelung gilt auch für die weiteren in Abschn 2 geregelten Zustellungsarten, insb für die Direktzustellung gem Art 14, vgl Art 8 IV. Auch wenn das Gericht gem Art 14 direkt zustellt, ist der Antragsteller deshalb gem Abs 1 zu belehren (Gebauer/Wiedmann/Sujecki Rz 4). Zum Inhalt und Umfang der Belehrung s Rn 6.

C. Anforderungen an die Übersetzung.

 

Rn 4

Die EuZVO stellt keine formalen Anforderungen an die Qualität einer Übersetzung iSd Art 5, 8, insb muss diese nicht von einem öffentlich bestellten Dolmetscher erstellt werden (s Art 4 IV EuZVO, BGH Urt v 25.2.21 – IX ZR 156/19 Rz 28; Gebauer/Wiedmann/Sujecki Rz 8). Der Antragsteller kann daher die zuzustellenden Schriftstücke auch selbst übersetzen oder übersetzen lassen (BGH Urt v 25.2.21 – IX ZR 156/19 Rz 28; Zö/Geimer Art 8 Rz 2). Auch an die Qualität der Übersetzung sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen, es ist ausreichend, wenn die Übersetzung des Schriftstücks den Empfänger in die Lage versetzt, seine Rechte im Übermittlungsstaat geltend zu machen, und ihm zB bei einem verfahrenseinleitenden Schriftstück erlaubt, Gegenstand und Grund des gegen ihn gerichteten Antrags sowie das Bestehen des gerichtlichen Verfahrens zu erkennen (EuGH NJW 08, 1721 Rz 75 = ECLI:EU:C:2008:264). Der Antragsteller hat also vier Möglichkeiten: Er kann eine Zustellung ohne Übersetzung verlangen, er kann die zuzustellenden Schriftstücke selbst übersetzen oder übersetzen lassen (wofür ihm ggf auch die mit den Schriftstücken zuzustellenden gerichtlichen Verfügungen zur Übersetzung zu überlassen sind) oder er kann das Gericht bitten, eine Übersetzung einzuholen (ähnl BGH Urt v 25.2.21 – IX ZR 156/19 Rz 22 ff; Grootens MDR 19, 1047 [BGH 03.07.2019 - VIII ZR 194/16]).

 

Rn 5

Wenn ein zuzustellendes Schriftstück aus mehreren Teildokumenten besteht, reicht es aus, wenn das Hauptdokument (zB die Klageschrift) in eine gem Art. 8 I zulässige Sprache übersetzt wird. Eine Übersetzung von Anlagen ist nicht erforderlich, wenn sich aus dem Hauptdokument der wesentliche Gegenstand des Verfahrens erschließt, dh die geltend gemachten Rechtsfolgen sowie die behaupteten tatsächlichen Vorgänge (EuGH NJW 08, 1721 Rz 73 = ECLI:EU:C:2008:264). Auch der Umfang der Übersetzung muss in konsequenter Anwendung gem Abs 1 im Belieben des Antragstellers stehen; in Zweifelsfällen ist vor einer Übersetzung umfangreicher Anlagen eine entsprechende Belehrung erforderlich.

D. Inhalt der Belehrung.

 

Rn 6

Der Antragsteller ist darauf hinzuweisen, dass der Empfänger die Annahme des Schriftstücks verweigern darf, wenn es nicht in einer der in Art 8 der EG-Zustellungsverordnung genannten Sprachen abgefasst ist, und dass er anfallende Übersetzungskosten zu tragen hat, unbeschadet einer etwaigen späteren Kostenentscheidung (s § 37 III 2 ZRHO). Die meisten gerichtlichen Texterzeugungsprogramme sehen für diesen Hinweis Muster vor. Praktischerweise sollte der Hinweis die vier in Rn 4 genannten Möglichkeiten erwähnen sowie ggf auch den Umfang der erforderlichen Übersetzung (Rn 3). Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben (s § 37 III 2 ZRHO), praktisch bietet sich oft eine telefonische Nachfrage/Rücksprache an (vgl Gebauer/Wiedmann/Sujecki Rz 10). Gibt der Antragsteller keine Erklärung ab, ist ohne Übersetzungen zuzustellen (§ 37 IV ZRHO).

 

Rn 7

Da d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im HSO FV Sachsen online Kompaktversion enthalten. Sie wollen mehr?