Prof. Dr. Thomas Pfeiffer
Rn 7
Das in Art 17 I lit c angesprochene Merkmal des Ausrichtens auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers beruht auf der konzeptionellen Unterscheidung zwischen dem grenzüberschreitend ›aktiven‹ und dem ›passiv‹ an seinem Heimatort verbleibenden Verbraucher. Es findet sich auch in Art 6 Rom I-VO; beide Vorschriften sind einheitlich auszulegen (Rom I-VO 593/2008, Begründungserwägung 24). Von Bedeutung ist das Merkmal des Ausrichtens dementsprechend für alle grenzüberschreitenden Absatzaktivitäten, va (aber nicht nur) im Fernabsatz unter Einschluss des Internets. Abgestellt wird in Art 17 I lit c va auf die Ausrichtung der Absatzbemühungen des Anbieters auf den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers. In erster Linie sind hierfür die Werbung und der Internetauftritt bedeutsam (vgl östOGH 8.9.09, 1 Ob 158/09f). Es kommt darauf an, ob vor einem Vertragsabschluss aus der gesamten Tätigkeit des Anbieters einschließlich seiner Websites zu entnehmen ist, dass dieser zu einem Vertragsabschluss mit Verbrauchern, die in einem oder mehreren Mitgliedstaaten, darunter jedenfalls dem Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers, wohnhaft sind, bereit war (EuGH verb C-585/08 u C-144/09). Erforderlich ist also eine Gesamtwürdigung des Anbieterverhaltens. Als ein wichtiges Auslegungsdokument kann dabei die gemeinsame Erklärung des Rates und der Kommission zu Art 17 herangezogen werden (abgedruckt IPRax 01, 259, 261). Dort wird namentlich zwischen aktiven und passiven Websites unterschieden. In der Erklärung ›weisen Kommission und Rat darauf hin, dass es für die Anwendung von Art 17 I lit c nicht ausreicht, dass ein Unternehmen seine Tätigkeiten auf den Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, oder auf mehrere Staaten – einschließlich des betreffenden Mitgliedstaats –, ausrichtet, sondern dass im Rahmen dieser Tätigkeiten auch ein Vertrag geschlossen worden sein muss.‹ Eine Geschäftstätigkeit ohne Bezug zu dem Vertrag (›doing business‹) genügt mithin nicht (vgl östOGH 8.9.09, 1 Ob 158/09f). Allerdings ist es auch nicht erforderlich, dass die Website kausal für den Vertragsschluss war (EuGH C-218/12). Erforderlich ist vielmehr, dass der Vertrag in den Bereich der auf den Verbraucherwohnsitzstaat ausgerichteten Tätigkeit fällt. Dem hat der EuGH den Fall gleichgestellt, dass die Parteien zunächst einen in diesen Bereich fallenden Vertrag und sodann einen zwar außerhalb dieses Tätigkeitsbereichs liegenden, aber mit dem ersten Vertrag eng zusammenhängenden zweiten Vertrag abschließen (EuGH C-297/14). Ferner ›betont‹ die besagte Erklärung, ›dass die Zugänglichkeit einer Website allein nicht ausreicht, um die Anwendbarkeit von Art 17 zu begründen; vielmehr ist erforderlich, dass diese Website auch den Vertragsabschluss im Fernabsatz anbietet und dass tatsächlich ein Vertragsabschluss im Fernabsatz erfolgt ist, mit welchem Mittel auch immer. Dabei sind auf einer Website die benutzte Sprache oder die Währung nicht von Bedeutung.‹ Der EuGH hat gleichwohl entschieden, dass ein Fernabsatzvertrag nicht erforderlich ist (EuGH C-190/11; BGH ZIP 13, 1141); das verdient (nur) insoweit Zustimmung, als für die Ausrichtung der Tätigkeit durch eine Website kein im organisierten Fernabsatz geschlossener Vertrag erforderlich ist. Der EuGH hat folgenden Umständen Indizwirkung für ein Ausrichten beigemessen: der internationale Charakter der Tätigkeit, die Angabe von Anfahrtsbeschreibungen von anderen Mitgliedstaaten aus zu dem Ort, an dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist, die Verwendung einer anderen Sprache oder Währung als der in dem Mitgliedstaat der Niederlassung des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendeten Sprache oder Währung mit der Möglichkeit der Buchung und Buchungsbestätigung in dieser anderen Sprache, die Angabe von Telefonnummern mit internationaler Vorwahl, die Tätigung von Ausgaben für einen Internetreferenzierungsdienst, um in anderen Mitgliedstaaten wohnhaften Verbrauchern den Zugang zur Website des Gewerbetreibenden oder seines Vermittlers zu erleichtern, die Verwendung eines anderen Domänennamens oberster Stufe als desjenigen des Mitgliedstaats der Niederlassung des Gewerbetreibenden und die Erwähnung einer internationalen Kundschaft (EuGH verb C-585/08 u C-144/09). Indizwirkung kann ferner die Kausalität der Website für den Vertragsschluss haben, auch wenn diese keine Voraussetzung des Verbrauchergerichtsstands darstellt (EuGH C-218/12). Hingegen haben keine Indizwirkung für ein Ausrichten: die bloße Zugänglichkeit der Website des Gewerbetreibenden oder seines Vermittlers im Wohnsitzstaat des Verbrauchers; die Verwendung einer elektronischen Adresse oder anderer Adressdaten, der Sprache oder Währung des Verbraucher-Sitzstaates sind dann nicht ausreichend, wenn sie zugleich diejenige des Anbieter-Sitzstaates sind (EuGH verb C-585/08 u C-144/09). Ausreichend für ein Ausrichten ist es auch, wenn der Unternehmer dem Verbraucher an dessen Wohnsitz ein konkretes Vertragsangebot (oder eine Invitatio ad offerend...