Gesetzestext
(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe des Bescheides oder, soweit ein Beschwerdeverfahren (§ 24 Abs. 2) vorausgegangen ist, nach Zustellung des Beschwerdebescheides schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts oder eines Amtsgerichts gestellt werden.
(2) 1War der Antragsteller ohne Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. 2Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn in dem Bescheid oder, soweit ein Beschwerdeverfahren (§ 24 Abs. 2) vorausgegangen ist, in dem Beschwerdebescheid eine Belehrung über die Zulässigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung sowie über das Gericht, bei dem er zu stellen ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Form und Frist unterblieben oder unrichtig erteilt ist.
(3) 1Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. 2Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. 3Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. 4Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(4) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
A. Frist.
I. Fristbeginn.
Rn 1
Die Monatsfrist beginnt mit der Zustellung oder der schriftlichen Bekanntgabe des Bescheides, bei einem Vorschaltverfahren mit der Bekanntgabe des Beschwerdebescheides. Der Antrag ist aber schon vor der Zustellung oder schriftlichen Bekanntgabe zulässig (Bremen MDR 66, 867). Für den Fristbeginn genügt die mündliche Bekanntgabe ebenso wenig wie der Zeitpunkt eines Realaktes oder eines schlicht hoheitlichen Handelns (s § 23 Rn 6). Die schriftliche Mitteilung der Justizbehörde, einen Realakt vorgenommen zu haben, stellt aber einen Bescheid iSd § 26 I dar, der die Frist in Gang setzt (BVerfG 12.10.98 – 2 BvR 753/89).
Rn 2
Die Frist beginnt unabhängig davon, ob dem Bescheid eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war oder nicht (BGH NJW 74, 1335 [BGH 02.05.1974 - IV ARZ (Vz) 26/73]). Die fehlende Rechtsmittelbelehrung kann aber uU einen Wiedereinsetzungsantrag begründen (Hambg NJW 67, 692). Die Monatsfrist ist nicht nur für die Anfechtung eines belastenden Justizverwaltungsaktes zu beachten. Auch ein Verpflichtungsantrag (s § 23 Rn 5) muss innerhalb der Monatsfrist gestellt werden (Frankf NZM 08, 701 [KG Berlin 15.07.2008 - 7 U 180/07]). Sie beginnt mit der schriftlichen Mitteilung, dass der Justizverwaltungsakt nicht erlassen wird. Nur im Fall der Untätigkeit der Behörde (§ 27) ist der Antrag nicht an eine Frist gebunden.
II. Fristberechnung.
Rn 3
Gemäß § 16 FamFG erfolgt die Fristberechnung nach den §§ 187, 188 BGB. Die Monatsfrist beginnt mit der Zustellung oder schriftlichen Bekanntmachung des Justizverwaltungsaktes oder der Beschwerdeentscheidung. Sie endet mit Ablauf des Tages, der mit seiner Zahl dem Tag der Zustellung (oder Bekanntmachung) entspricht.
Beispiel:
Zustellung am 7. Juli. Fristablauf am 7. August 24 Uhr. Ist der 7. August ein Sonnabend, endet die Monatsfrist am 9. August (§ 16 II FamFG).
B. Form.
Rn 4
Einfache Schriftform genügt. Es besteht kein Anwaltszwang. Eine Vertretung ist zulässig. Der Antrag kann auch zur Niederschrift des zuständigen Oberlandesgerichts oder der Geschäftsstelle eines Amtsgerichts gestellt werden (§ 25 FamFG). Die Schriftform ist auch dann eingehalten, wenn ein unterzeichnetes Schriftstück eingescannt und auf elektronischem Weg dem Gericht übermittelt wird (BGH NJW 08, 2649 [BGH 15.07.2008 - X ZB 8/08]).
C. Inhalt.
Rn 5
Innerhalb der Monatsfrist müssen die Tatsachen dargestellt werden, aus denen sich eine Rechtsverletzung des Antragstellers ergeben könnte. Die bloße Angabe von Daten der angefochtenen Entscheidung genügt grds nicht, kann aber noch nach Ablauf der Monatsfrist nachgeholt werden (BVerfG 12.10.98 – 2 BvR 753/89, anders: Schlesw SchlHA 03, 186). Der Begründungszwang ergibt sich aus § 24 (Frankf NStZ-RR 05, 282 [KG Berlin 12.05.2005 - 5 Ws 166/05 Vollz]).
D. Rücknahme.
Rn 6
Der Antrag kann bis zur Entscheidung jederzeit zurückgenommen werden. Auch nach der Rücknahme ist bis zum Ablauf der Monatsfrist eine erneute Antragstellung zulässig.
E. Wiedereinsetzung.
Rn 7
Die Regelung in den Abs 2–4 entspricht in etwa den §§ 17 I, 18 FamFG und dem § 60 VwGO. Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn die Fristversäumung unverschuldet war. Unverschuldet ist die Fristversäumung, wenn der Antragsteller die gebotene und ihm zumutbare Sorgfalt beachtet hat. Auszugehen ist dabei von einem objektiven Maßstab.
I. Unkenntnis vom Fristbeginn.
Rn 8
Der Antragsteller muss die organisatorischen Vorkehrungen treffen, um zB Kenntnis von einer wirksamen Zustellung durch Niederlegung zu erlangen. Dazu gehört ein Briefkasten, der gewährleistet, dass die Benachrichtigung über die Zustellung nicht verloren geht (BVerfG NJW 76, 1537 [BVerfG 11.02.1976 - 2 BvR 84...