Gesetzestext
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
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die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, |
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die Voraussetzungen einer Klageänderung, |
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die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, |
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die Güteverhandlung, |
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die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, |
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das Anerkenntnis, |
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die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, |
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den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen nicht anzuwenden. |
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung
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Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren, |
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Klage die Bezeichnung Antrag, |
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Kläger die Bezeichnung Antragsteller, |
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Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner, |
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Partei die Bezeichnung Beteiligter. |
A. Normzweck.
Rn 1
Die Vorschrift regelt als zentrale Norm das anwendbare Verfahrensrecht in Ehe- (§ 121) u Familienstreitsachen (§ 112). Entgg dem Reformziel einer vollständigen Neukodifizierung des familiengerichtlichen Verfahrens u der Zusammenfassung der Bestimmungen über das familienrechtliche Verfahren in einem Gesetz (BTDrs 16/6308, 163) wird die Rechtsanwendung in Ehe- u Familienstreitsachen durch eine zwar weitgehende, jedoch keineswegs vollständige u darüber hinaus zT fehler- (Rn 3) bzw lückenhafte (s § 117 Rn 3) sowie manchmal auch überflüssige (s Rn 3 u § 117 Rn 1) Verweisung auf die ZPO einerseits sowie durch die Streuung weiterer Sonderregelungen in §§ 113 II, III, IV, 121 ff, 231 ff, 261 ff andererseits sehr unübersichtlich u erheblich erschwert. Zusätzlich wird durch V die Terminologie verkompliziert u selbst in fG-Familiensachen wird mitunter die ZPO für anwendbar erklärt (s Rn 3).
B. Norminhalt.
I. Weitgehende Anwendung der ZPO.
Rn 2
I 1 schließt in Ehe- u Familienstreitsachen das 1. Buch des FamFG (AT) m Ausn der Vorschriften über die EA (Abschn 4) u des Rechtsmittelverfahrens (Abschn 5) weitgehend aus. Stattdessen gelten gem I 2 überwiegend die Allg Vorschriften der ZPO sowie der Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den Landgerichten. Obgleich die FamG Abteilungen der Amtsgerichte sind, finden die Vorschriften der §§ 495 ff ZPO über das Verfahren vor den Amtsgerichten in Familiensachen keine Anwendung, da diese nicht für das in Ehe- u Familienstreitsachen vorherrschende Verfahren m Anwaltszwang (§ 114 I) konzipiert sind. Infolge der Verweisung in I 2 auf die ZPO unterliegen die Ehe- u Familienstreitsachen grds auch den zivilprozessualen Verfahrensmaximen/-grundsätzen, also der Dispositionsmaxime (Verfügungsgrundsatz), dem Verhandlungs- bzw Beibringungsgrundsatz (im Gegensatz zum Untersuchungsgrundsatz) sowie dem Mündlichkeits- u Unmittelbarkeitsgrundsatz (zu den zivilprozessualen Verfahrensmaximen/-grundsätzen vgl Einl Rn 23 ff). Ausn bestehen in Ehesachen v der Dispositionsmaxime (Verfügungsgrundsatz) u dem Verhandlungs- bzw Beibringungsgrundsatz (§§ 113 IV Nrn. 5, 6, 127, 130 II) sowie v Letztgenanntem auch in Unterhaltssachen (§§ 235 f).
II. Konkret anwendbare Vorschriften der ZPO.
Rn 3
Während I 1 die nicht anwendbaren Vorschriften des FamFG, welche infolge eines Redaktionsversehens um den nicht aufgeführten § 96a zu ergänzen sind, ausdr nennt, führt I 2 die stattdessen geltenden Vorschriften der ZPO nicht explizit auf. Es sind in Ehe- u Familienstreitsachen anwendbar: §§ 2–11 ZPO; §§ 12–32 ZPO, jedoch gem §§ 122, 232 III, 262 II, 267 II nur subsidiär in Familienstreitsachen; § 33 ZPO bzgl isolierter Familienstreitsachen (Schlesw FamRZ 15, 1519); §§ 34–37 ZPO; §§ 41–49 ZPO; §§ 50–77 ZPO m § 125 als Sonderregelung in Ehesachen; § 78 IV ZPO (umstr, s § 114 Rn 1), während § 78 I–III ZPO v § 114 I–IV verdrängt werden; §§ 78b–90 ZPO m der Ergänzung durch §§ 114 V, 138 in Ehesachen; §§ 91–113 ZPO m den vorrangigen Sonderregelungen der §§ 132, 150 (umstr in Beschwerdeinstanz, s § 150 Rn 4), 243; §§ 114–137 ZPO; § 138 ZPO, jedoch modifiziert durch §§ 113 IV Nr 1, 127 in Ehesachen; §§ 139–144 ZPO, jedoch in Ehesachen § 141 ZPO modifiziert durch § 128u §§ 142–144 ZPO modifiziert durch § 127 sowie in Unterhaltssachen § 142 ZPO ergänzt durch §§ 235 f; §§ 145–155 ZPO m §§ 126, 136 f, 140 als Sonderregelungen in Ehesachen; §§ 156–195 ZPO; § 214 ZPO; § 215 ZPO m Ausn des in § 215 I 2 ZPO enthaltenen Hinweises auf § 708 Nr 2 ZPO, da § 708 ZPO wg des vorrangigen § 120 nicht anwendbar ist; §§ 216–229 ZPO außer § 227 III ZPO (§ 113 III); §§ 230 f, 233–238 ZPO (ans...