Gesetzestext
In Ehesachen und Familienstreitsachen können Angriffs- und Verteidigungsmittel, die nicht rechtzeitig vorgebracht werden, zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Verfahrens verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Im Übrigen sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel abweichend von den allgemeinen Vorschriften zuzulassen.
A. Anwendungsbereich.
Rn 1
Die Vorschrift entspricht § 296 II ZPO u schränkt die Zurückweisungsmöglichkeit für verspätetes Vorbringen in Ehe- u Familienstreitsachen über die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bereits nach § 296 I ZPO im Lichte der verfassungsgerichtlichen Rspr lediglich sehr begrenzt mögliche Sanktionierung eines Verstoßes gg die Prozessförderungspflicht des § 282 ZPO (BVerfG NJW 92, 680 [BVerfG 22.08.1991 - 1 BvR 365/91]) weiter ein. In fG-Familiensachen, u zwar auch als Folgesachen, findet § 115 aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 26) keine Anwendung. In Ehesachen wird die Vorschrift durch die eingeschränkte Amtsermittlung gem § 127 weiter eingeschränkt. § 115 gilt auch in der Beschwerdeinstanz u dabei mangels Verweis auf §§ 530 f ZPO in § 117 II 1 selbst, wenn es sich um neues Vorbringen (§ 65 III) handelt, welches bereits in erster Instanz hätte gebracht werden können. Die Beschwerdeinstanz ist in allen Familiensachen grds volle zweite Tatsacheninstanz. Ob § 296 III ZPO (iVm § 113 I 2) neben § 115 anwendbar bleibt, ist umstr (verneinend MüKoFamFG/Fischer Rz 3 u Musielak/Borth/Borth/Grandel Rz 2 in Abweichung zur Voraufl). Keine Präklusion gibt es in Familienstreitsachen im EA-Verfahren nach § 54 I 2, II (s § 54 Rn 4 f).
B. Regelungsinhalt.
Rn 2
§ 115 schränkt in Ehe- u Familienstreitsachen § 65 III geringfügig ein. Angriffs- u Verteidigungsmittel s § 282 ZPO Rn 3 f u § 296 ZPO Rn 6 f. Nicht rechtzeitiges Vorbringen s § 282 ZPO Rn 5 ff u § 296 ZPO Rn 42 f. Verzögerung s § 296 ZPO Rn 14 f, 22, 28. Im Scheidungsverbund müssen aufgrund der nach § 142 I 1 vorgeschriebenen einheitlichen Entscheidung ohne Zulassung des verspäteten Vorbringens die Scheidung u alle Folgesachen entscheidungsreif sein. Ursächliche grobe Nachlässigkeit s § 296 ZPO Rn 46 f. Rechtfolge: Ermessen s § 296 ZPO Rn 48.
C. Entscheidung.
Rn 3
Die Zurückweisung erfolgt in den Beschlussgründen; es ergeht keine separate (Zwischen-) Entscheidung. Das zurückgewiesene Angriffs- bzw Verteidigungsmittel bleibt unbeachtet. Das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Zurückweisung ist im Rahmen des gg den Beschl allg statthaften Rechtsmittels zu rügen bzw in Ermangelung eines solchen im Verfahren nach § 44 bzw § 113 I 2 iVm § 321a ZPO.