Rn 6
Die Vorschrift des § 122 knüpft die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts für die ersten 5 Tatbestände an den gewöhnlichen Aufenthalt. Das FamFG verwendet diesen Begriff auch in den weiteren Vorschriften zur Regelung der örtlichen Zuständigkeit in Familiensachen (vgl zB §§ 152 II [Kindschaftssachen], 170 I, II [Abstammungssachen], 187 I–III [Adoptionssachen], 201 Nr 3, 4 [Ehewohnungs- und Haushaltssachen], 211 Nr 3 [Gewaltschutzssachen], 218 Nr 2–4 [VA-Sachen], 232 I Nr 2, III Nr 3 [Unterhaltssachen], 262 II [Güterrechtssachen], 267 II [sonstige Familiensachen]).
Rn 7
Der gewöhnliche Aufenthalt ist wie in dem bisherigen § 606 ZPO, § 45 FGG zu verstehen. Er wird von einer auf längere Dauer angelegten sozialen Eingliederung gekennzeichnet und ist allein von der tatsächlichen – ggf. vom Willen unabhängigen – Situation gekennzeichnet, die den Aufenthaltsort als Mittelpunkt der Lebensführung ausweist (BTDrs 16/6308, 206; stRspr BGH, vgl schon FamRZ 75, 272; 02, 1182; Hamm FamRZ 12, 645; Saarbr FamRZ 12, 654; KG FamRZ 14, 1790; Prütting/Helms/Helms § 122 Rz 5; MüKoFamFG/Lugani § 122 Rz 8 f; Keidel/Weber § 122 Rz 3; J/H/A/Markwardt, § 122 Rz 4). Damit unterscheidet sich der gewöhnliche Aufenthalt vom ›Aufenthalt‹ iSv § 16 ZPO, der auch nur vorübergehender Natur sein kann (§ 16 Rn 3) und auch vom ›Wohnsitz‹ iSv § 13 ZPO, §§ 7–11 BGB, der eine bewusste Entscheidung für die ständige Niederlassung an einem Ort voraussetzt (vgl BGH FamRZ 93, 798). Bei der Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts handelt es sich um einen rein tatsächlichen Vorgang, der keine Geschäftsfähigkeit voraussetzt (BGH NJW 84, 520; Hamm FamRZ 89, 1109; AG Nürnberg FamRZ 08, 1777).
Rn 8
Die vorauszusetzende Dauer des Aufenthalts wird teilw mit 6 Monaten angesetzt (zB AG Nürnberg FamRZ 08, 1777 (zu Art 4 S 1 HKiEntÜ); Ddorf FamRZ 10, 1178; ThoPu/Hüßtege § 122 Rz 4), kann im Einzelfall aber auch darunter liegen (Musielak/Borth/Borth/Grandel § 122 Rz 5: 6 Monate ›zu starr‹; KG FamRZ 14, 1790). Der gewöhnliche Aufenthalt an einem Ort wird grds schon dann begründet, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass der Aufenthalt an diesem Ort auf längere Zeit angelegt ist und der neue Aufenthaltsort künftig anstelle des bisherigen Daseinsmittelpunkt sein soll, wie zB nach einem Umzug (BGH FamRZ 93, 798). Die bloße Absicht, den gewöhnlichen Aufenthalt an einem (anderen) Ort begründen zu wollen, reicht nicht aus (ThoPu/Hüßtege § 122 Rz 4). Eine vorübergehende Abwesenheit, auch von längerer Dauer, führt regelmäßig nicht zur Aufhebung des gewöhnlichen Aufenthalts, sofern die Absicht besteht, an den früheren Aufenthaltsort zurückzukehren (vgl BGH FamRZ 75, 272; aber Ddorf FamRZ 10, 1178: 6-monatige Abwesenheit ist zu lange). Das gilt auch für die Fälle eines unfreiwilligen Aufenthaltswechsels. Der unfreiwillige Aufenthalt in einem Frauenhaus kann aber uU einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen, wenn die Absicht besteht, im Bezirk zu bleiben (Hamm FamRZ 12, 654; vgl auch zB Köln FamRZ 03, 1124: Aufnahme in eine Zeugenschutzmaßnahme).
Rn 9
Das minderjährige Kind hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo sein faktischer Daseinsmittelpunkt liegt, also dort, wo es die seinem Alter entsprechenden sozialen Bindungen entfaltet und verfestigt hat. Voraussetzung für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ist entweder, dass nach den konkreten Umständen der neue Aufenthaltsort künftig an die Stelle des bisherigen Daseinsmittelpunkts treten soll oder dass sich aus der Dauer des Aufenthalts (etwa 6 Monate, vgl Rn 8) und dem Grad der sozialen Verwurzelung ergibt, dass der Daseinsmittelpunkt des Kindes sich nunmehr an dem neuen Ort befindet (Keidel/Weber § 122 Rz 5 mwN; vgl zu Fällen der Kindesentführung bzw der Mitnahme des Kindes gg den Willen des anderen, insoweit mitsorgeberechtigten, Elternteils zB Prütting/Helms/Helms § 122 Rz 18; Zö/Lorenz § 122 Rz 13). Regelmäßig (aber nicht zwingend) teilt das Kind den Lebensmittelpunkt des Elternteils, in dessen Obhut es sich befindet. Wird das Kind im paritätischen Wechselmodell betreut, wird hilfsweise auf den Hauptwohnsitz des Kindes abgestellt werden können.