Gesetzestext
Das Verfahren in Ehesachen wird durch Einreichung einer Antragsschrift anhängig. Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Klageschrift gelten entsprechend.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Vorschrift entspricht inhaltlich dem bis zum 31.8.09 geltenden § 622 ZPO und setzt das materiell-rechtliche Antragserfordernis in den §§ 1564 I 1, 1313 S 1 BGB sowie nach § 256 ZPO verfahrensrechtlich um, wobei gem § 113 V Nr 2 FamFG an die Stelle der ›Klage‹ der Antrag und an die Stelle des ›Klägers‹ der ASt tritt. Durch die Verweisung in S 2 auf die Vorschriften der ZPO über die Klageschrift ist der notwendige Inhalt jedes Antrags in einer Ehesache zunächst der Vorschrift des § 253 ZPO zu entnehmen. Daneben enthält § 133 FamFG eine spezielle Vorschrift, die den notwendigen Inhalt eines Antrags in einer Scheidungssache iSv § 121 Nr 1 weitergehend behandelt.
B. Der Regelungsgehalt im Einzelnen.
I. Verfahrenseinleitung durch Antrag.
Rn 2
Mit Einreichung des Antrags bei Gericht wird die Ehesache anhängig. Von einem Antrag in diesem Sinne ist der Antrag auf Bewilligung von VKH für ein beabsichtigtes Scheidungsverfahren zu unterscheiden, der nicht zur Anhängigkeit der Ehesache führt. Bei gleichzeitiger Einreichung einer Antragsschrift und einem Antrag auf Bewilligung von VKH wird neben diesem auch die Ehesache als solche anhängig, es sei denn, der ASt stellt eindeutig klar, dass er den Antrag nur unter der Voraussetzung der Bewilligung der VKH stellen will, etwa indem er dies im Text selbst unmissverständlich kundtut oder die Scheidungsantragsschrift nur als Anlage zu seinem Antrag auf Bewilligung von VKH einreicht, als Entwurf bezeichnet oder nicht unterschreibt (zB BGH FamRZ 96, 1142; Köln FamRZ 99, 29; Schlesw FamRZ 10, 1359 mwN: Allein der Zusatz ›Nach Prozesskostenhilfebewilligung werden wir … beantragen‹ reicht nicht aus; Prütting/Helms/Helms § 124 Rz 2; MüKoFamFG/Lugani § 124 Rz 4; J/H/A/Markwardt § 124 FamFG Rz 3).
Rn 3
Die Anhängigkeit einer Ehesache bewirkt eine Zuständigkeitskonzentration für Kindschafts-, Ehewohnungs- und Haushalts-, VA-, Unterhalts-, Güterrechts- und sonstige Familiensachen (vgl. §§ 152 I, 201 Nr 1, 218 Nr 1, 232 I Nr 1, 262 I, 267 I). In § 123 ist eine Zuständigkeitskonzentration zwischen einer Scheidungssache und anderen Ehesachen (S 1) bzw zwischen 2 Scheidungssachen oder verschiedenen Ehesachen iSv § 121 Nr 2, 3 geregelt.
Rn 4
Der Antrag in der Ehesache ist dem Antragsgegner zuzustellen, § 113 I 2 iVm §§ 253 I, 271 I ZPO. Mit der Zustellung ist das Verfahren rechtshängig. Handelt es sich um eine Scheidungssache, ist das Datum der Zustellung bedeutsam für die Feststellung der Ehezeit nach § 3 Abs 1 VersAusglG. Zugleich ist das Zustelldatum der nach § 1384 BGB maßgebende Stichtag für die Berechnung des Zugewinns.
Rn 5
Da der Zeitpunkt der Zustellung eines Scheidungsantrags insofern ganz erhebliche finanzielle Auswirkungen haben kann, ist vor verfrüht gestellten Anträgen (insb bei einer einvernehmlichen ›Rückverlegung‹ des tatsächlichen Trennungszeitpunkts) zu warnen. Die Rechtshängigkeit einer Ehesache führt zu einer ausschließlichen örtlichen Zuständigkeit des Gerichts der Ehesache für bereits anhängige Kindschafts-, Ehewohnungs- und Haushalts-, VA-, Unterhalts-, Güterrechts- und sonstige Familiensachen (vgl §§ 153, 202, 233, 263, 268 FamFG, s.o. Rn 3). Diese Verfahren sind vAw an das Gericht der Ehesache abzugeben.
Rn 6
Die Anhängigkeit einer Ehesache endet mit der rechtskräftigen Entscheidung über den jeweiligen Antrag, der Rücknahme des Antrags (§ 141 FamFG bzw § 113 Abs 1 FamFG, § 269 ZPO) oder übereinstimmenden Erledigungserklärung sowie dem Tod eines Ehegatten, § 131 FamFG.
II. Notwendiger Inhalt des Antrags.
Rn 7
Nach der gem § 113 I 2 anzuwendenden Vorschrift des § 253 II ZPO muss die Antragsschrift die Namen und die ladungsfähige Anschrift (›Wohnort‹, vgl hierzu BGH MDR 11, 534) der Beteiligten sowie die Bezeichnung des angerufenen Gerichts (§ 253 II Nr 1, IV ZPO iVm § 130 Nr 1 ZPO) und schließlich einen bestimmten Sachantrag und seine Begründung (§ 253 II Nr 2 ZPO) enthalten. Der ASt hat dementsprechend grds nicht nur die ladungsfähige Anschrift des Antragsgegners mitzuteilen, sondern auch seine eigene. Sofern der ASt meint, seinen Aufenthaltsort ausnahmsweise geheim halten zu müssen, hat er sein besonderes Interesse hieran darzulegen (BGH FamRZ 88, 382; KG KGR 05, 834; Frankf IBR 14, 517: Angabe einer ›c/o‹-Adresse genügt nicht; vgl weitergehend § 253 Rn 12 mwN). Gleiches gilt auch für die erforderliche Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Antragsgegners (zB Hamm FamRZ 13, 1998: Anschrift der Mutter des Antragsgegners in Kasachstan, wenn gleichzeitig vorgetragen wird, die Mutter bestreite, dass der Antragsgegner sich bei ihr aufhalte; vgl weitergehend § 253 Rn 14). Ist dem ASt die Anschrift nicht bekannt, muss er zumindest darlegen, dass die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung gem § 185 ZPO vorliegen (vgl hierzu BGH, NJW-RR 13, 307; Brandbg FamRZ 14, 412 zum Scheidungsantrag).
III. Anträge der Gegenseite.
Rn 8
Ein Antrag der Gegenseite muss nicht den Anforderungen der §§ 124, 113 I 2 iVm § 253 ZPO genügen, wenn es sich um einen ...