Rn 6
Jede Ehescheidung setzt gem § 1564 BGB das Bestehen einer gültig geschlossenen Ehe voraus. Das Gericht hat festzustellen, ob und wann eine Ehe geschlossen wurde, was idR durch Vorlage der Heiratsurkunde nachgewiesen wird, vgl § 133 II. Die Vorlage ist aber kein Antragserfordernis, vielmehr kann sich das Gericht auf jede andere Weise Gewissheit über die wirksame Eheschließung verschaffen (Prütting/Helms/Helms § 127 Rz 6; J/H/A/Markwardt § 127 Rz 3; FAKomm-FamR/Roßmann § 127 Rz 4; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 127 Rz 3; Ddorf FamRZ 92, 1078; Karlsr FamRZ 91, 83). Problematisch kann diese Feststellung bei einer im Ausland geschlossenen Ehe sein. Das Gericht hat ausländisches Recht vAw zu ermitteln (BGH MDR 88, 123; Zweibr FamRZ 98, 1115: ausschließlich vor dem islamischen Geistlichen in der Türkei geschlossene Ehe; Karlsr FamRZ 17, 959: zur Wirksamkeit einer vor Vollendung des 18. Lebensjahres geschlossenen Ehe im Irak bei unterbliebener Registrierung), sodass uU auch ein Gutachten einzuholen ist. Unabhängig von der Pflicht zur Amtsermittlung trägt der ASt die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der gültigen Ehe (Karlsr FamRZ 17, 959).
Rn 7
Das materielle Scheidungsrecht kennt nur einen Scheidungsgrund, nämlich das Scheitern der Ehe, § 1565 I 1 BGB. Dementsprechend hat das Gericht zu ermitteln, ob die Ehe tatsächlich gescheitert ist. Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben in § 1565 I 2 BGB muss das Gericht ermitteln, a), ob die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und b) nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft wieder herstellen. IdR wird der Scheidungsantrag damit begründet, dass ein Vermutungstatbestand des § 1566 BGB, meistens der des § 1566 I BGB, eingreift. Dann beschränkt sich die gerichtliche Ermittlung darauf, ob die Ehegatten ein Jahr iSv § 1567 BGB getrennt voneinander leben und beide keine Möglichkeit mehr sehen, die Ehe fortzusetzen (§ 1566 I BGB) oder die Ehegatten 3 Jahre voneinander getrennt leben und ob der ASt keine Möglichkeit mehr sieht, die Ehe mit dem Antragsgegner fortzusetzen (§ 1566 II BGB). In diesen Fällen darf das Gericht die tatsächliche Zerrüttung nicht mehr prüfen (PWW/Weinreich § 1566 Rz 1). Greift ein Vermutungstatbestand nicht ein, hat das Gericht das Scheitern der Ehe umfassend zu ermitteln und insbesondere festzustellen, ob die Ehe keine Chance mehr hat. Haben die Ehegatten innerhalb der Ehewohnung getrennt gelebt, muss die Entflechtung der Lebensbereiche näher aufgeklärt werden, damit beurteilt werden kann, ob eine Trennung iSv § 1567 BGB vorliegt. Wird der Scheidungsantrag auf § 1565 II BGB gestützt, ist zu ermitteln, ob ein Härtegrund vorliegt (Prütting/Helms/Helms § 127 Rz 7; Zö/Lorenz § 127 Rz 2b mwN). Ist dies nicht der Fall, unterliegt der Scheidungsantrag regelmäßig der Abweisung, weil schon aufgrund der kurzen Trennungszeit ein Scheitern der Ehe nicht festzustellen ist. Machen die Ehegatten übereinstimmende Angaben zur Trennungszeit, besteht im Regelfall keine Veranlassung zur näheren Überprüfung (Prütting/Helms/Helms, § 127 Rz 7 mwN).
Rn 8
Das Gericht ist nicht an den in der Antragsschrift geltend gemachten Scheidungstatbestand gebunden.(Demzufolge istein auf § 1566 I BGB gestützter Scheidungsantrag nicht, etwa nach Widerruf der Zustimmung des Antragsgegners, abzuweisen, wenndas Gericht aufgrund seiner Ermittlungen gleichwohl vom Scheitern der Ehe iSv § 1565 I BGB überzeugt ist. Vielmehr kann die Ehedann, gestützt auf den Grundtatbestand des § 1565 I BGB, geschieden werden (vgl zB J/H/A/Markwardt § 127 Rz 2; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 127 Rz 7; MüKoFamFG/Lugani § 127 Rz 10; FAKomm-FamR/Roßmann § 127 Rz 11).