Rn 9

Nach § 128 Abs 1 S 2 hat die Anhörung eines Ehegatten in Abwesenheit des anderen Ehegatten stattzufinden, falls dies zum Schutz des anzuhörenden Ehegatten oder aus anderen Gründen erforderlich ist. Diese Regelung beruht auf einer Anregung des Bundesrates mit der Zielrichtung, Bedrohungen und Einschüchterungen der von Zwangsheirat Betroffenen zu unterbinden (BTDrs 16/6308, 373; Löhnig FamRZ 09, 737). Für die Annahme, dass eine getrennte Anhörung der Eheleute ›erforderlich‹ ist, bedarf es ›besonderer Gründe‹. Erforderlichkeit ist strenger als ›ratsam‹ oder ›sachdienlich‹ (MüKoFamFG/Lugani § 128 Rz 15). Nicht jede ›Härtescheidung‹ iSv § 1565 II BGB rechtfertigt eine getrennte Anhörung der Ehegatten.Diese kann aber erforderlich sein, wenn die Ehegatten sehr stark zerstritten sind und ein Ehegatte durch die Konfrontation im Termin zur Anhörung schwere seelische Schäden erleiden würde (Musielak/Borth/Borth/Grandel § 128 Rz 4; ähnlich Prütting/Helms/Helms § 128 Rz 11), was – idR durch Vorlage eines ärztlichen Attestes – glaubhaft gemacht werden muss (Musielak/Borth/Borth/Grandel § 128 Rz 4). Der Wunsch, den anderen Ehegatten wegen heftiger Auseinandersetzungen und des starken Trennungsschmerzes nicht mehr sehen zu wollen, reicht ebenso wenig aus wie andere Unannehmlichkeiten, die möglicherweise vorgebracht werden (MükoFamFG/Lugani § 128 Rz 15 mwN). Sofern häusliche Gewalt als Trennungsgrund im Raum steht, kommt es auf den Einzelfall an; gerade in diesen Fällen kann die gemeinsame Anhörung der Ehegatten wichtig sein, um aus der unmittelbaren Konfrontation des anderen mit dem Gewaltvorwurf eines Ehegatten einen persönlichen Eindruck zu gewinnen (weitergehend Bahrenfuss/Blank § 128 Rz 3: immer dann der Fall, wenn die Anwendung häuslicher Gewalt gerade auch als Trennungsgrund in Rede steht). Wird ein Ehegatte durch den anderen bedroht (oder behauptet er dies jedenfalls), so kommt es auf den Einzelfall an, ob es ausreichend ist, einen Wachtmeister in die Sitzung zu nehmen oder ob eine getrennte Anhörung erforderlich ist. (vgl auch Prütting/Helms/Helms § 128 Rz 11: Polizeischutz während der Gerichtsverhandlung).

 

Rn 10

Soll die Anhörung der Ehegatten getrennt voneinander erfolgen, ist dies nach Gewährung rechtlichen Gehörs durch Beschluss anzuordnen. Die Aussage des jeweiligen Ehegatten ist auch im Fall erforderlicher getrennter Anhörung der Ehegatten zu protokollieren, denn dem jeweils anderen ist rechtliches Gehör zu gewähren; er ist über das Ergebnis der Anhörung zu informieren. Ein Rechtsmittel findet gegen den Ausschluss nicht statt; die Überprüfung erfolgt zusammen mit einem Rechtsmittel in der Ehesache (Prütting/Helms/Helms § 128 Rz 12).

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