Gesetzestext
Wird ein Scheidungsantrag zurückgenommen, erstrecken sich die Wirkungen der Rücknahme auch auf die Folgesachen. Dies gilt nicht für Folgesachen, die die Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge wegen Gefährdung des Kindeswohls auf einen Elternteil, einen Vormund oder Pfleger betreffen, sowie für Folgesachen, hinsichtlich derer ein Beteiligter vor Wirksamwerden der Rücknahme ausdrücklich erklärt hat, sie fortführen zu wollen. Diese werden als selbständige Familiensachen fortgeführt.
A. Rücknahme des Scheidungsantrags.
Rn 1
Ein Scheidungsantrag kann gem § 113 I 2 iVm § 269 I, II ZPO in jeder Instanz (bis zum Eintritt der Rechtskraft eines Scheidungsbeschlusses) zurückgenommen werden. Die Rücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären (§ 269 II 1 ZPO) und erfolgt durch Einreichung eines Schriftsatzes oder in der mündlichen Verhandlung (§ 269 II 2 ZPO). Die Erklärung der Rücknahme unterliegt dem Anwaltszwang, § 114 I. Ohne Einwilligung des Antragsgegners kann der Scheidungsantrag nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werden, § 269 I ZPO. Die förmliche Vernehmung des Antragsgegners im Ehescheidungsverfahren gem § 128 I 1 ist noch kein mündliches Verhandeln iSd § 269 I ZPO, selbst wenn der Antragsgegner dem Scheidungsantrag zugestimmt hat. Dieser hat erst dann iSv § 269 I ZPO verhandelt, wenn er seinen Antrag stellt oder sich zur Hauptsache einlässt (BGH FamRZ 04, 1364). War der Antragsgegner im Verfahren nicht anwaltlich vertreten, stellt seine Zustimmung zur Scheidung kein Verhandeln iSv § 269 I ZPO dar, weshalb es seiner Zustimmung zur Rücknahme nicht bedarf (BGH FamRZ 04, 1364; Oldbg MDR 14, 478; Köln NJW-RR 11, 509, 510). Für die Erklärung der Zustimmung enthält § 134 I Erleichterungen; sie kann zur Niederschrift der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts eines jeden AG (§ 129a ZPO) erklärt werden. Die Erklärung unterliegt gem § 114 IV Nr 3 nicht dem Anwaltszwang. Gem § 113 I 2 iVm § 269 II 4 ZPO gilt die Einwilligung als erteilt, wenn dieser der schriftsätzlich erklärten Antragsrücknahme nicht binnen einer Notfrist von 2 Wochen nach Zustellung des Schriftsatzes widerspricht und er zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist (Zö/Lorenz § 141 Rz 2; Prütting/Helms/Helms § 141 Rz 2). Die Einwilligung in die Antragsrücknahme kann ebenso wenig widerrufen werden wie deren Verweigerung (Zö/Lorenz § 141 Rz 2; Celle FamRZ 12, 1071). Haben beide Ehegatten einen Scheidungsantrag gestellt, wird das Verfahren auf der Grundlage des Gegenantrags fortgeführt.
B. Wirkung der Rücknahme.
I. Grundsatz: Erstreckung der Wirkung auf Folgesachen (S 1).
Rn 2
Gem § 113 I 2 iVm 269 III 1 ZPO bewirkt die Rücknahme des Scheidungsantrags, dass das Scheidungsverfahren als nicht anhängig geworden anzusehen ist. Da über Folgesachen gem § 137 II 1 nur für den Fall der Scheidung zu entscheiden ist, ist es konsequent, die Wirkung der Rücknahme des Scheidungsantrags auch auf diese zu erstrecken. Dies ordnet § 141 S 1 an, sodass auch Folgesachen als nicht anhängig geworden anzusehen sind. Die Wirkung des § 141 S 1 tritt unabhängig davon ein, ob eine Folgesache vom ASt oder vom Antragsgegner anhängig gemacht worden ist. Ist im Zeitpunkt der Rücknahme des Scheidungsantrags bereits ein Verbundbeschluss ergangen, wird dieser insgesamt wirkungslos, ohne dass er aufgehoben werden müsste, § 113 I 2 iVm § 269 III 1 ZPO. Auf Antrag ist dies gem § 113 I 2 iVm § 269 III 1, IV ZPO auszusprechen (Köln NJW-RR 11, 509). Eine in der Folgesache bereits ergangene Entscheidung, die gem § 148 erst mit dem Scheidungsausspruch wirksam werden kann, wird ebenfalls automatisch wirkungslos (zB Prütting/Helms/Helms § 141 Rz 3).
II. Ausnahme: Fortführung von Folgesachen (S 2 und 3).
1. Ausnahmeregelung in S 2.
Rn 3
§ 141 S 2 enthält 2 Ausnahmen von der in S 1 enthaltenen Regelung.
Rn 4
Die Rücknahme des Sorgeantrags erfasst nicht eine Kindschaftsfolgesache, die die Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge wegen Gefährdung des Kindeswohls auf einen Elternteil, einen Vormund oder einen Pfleger (§§ 1671 IV, 1666 BGB) zum Gegenstand hat. In diesen Verfahren kann nicht unterstellt werden, dass ein Regelungsbedürfnis mit Rücknahme des Scheidungsantrags entfällt (BTDrs 16/6308, 232).
Rn 5
Ausgenommen sind weiter solche Folgesachen, hinsichtlich derer ein Beteiligter vor Wirksamwerden der Rücknahme ausdrücklich erklärt hat, sie fortsetzen zu wollen. Grds ist dies bei den Folgesachen iSv § 137 II 1 Nr 2 (Unterhaltssachen), § 137 II 1 Nr 3 Ehewohnungs- und Haushaltssachen, § 137 II 1 Nr 4 (Güterrechtssachen) und sonstige Kindschaftssachen iSv § 137 III möglich (vgl MüKoFamFG/Heiter § 141 Rz 20; Keidel/Weber § 141 Rz 10; J/H/A/Markwardt § 141 Rz 5). In Betracht kommen allerdings nur solche Folgesachen, deren Geltendmachung unabhängig von der Rechtskraft der Scheidung möglich ist, sodass von vornherein ein Zugewinnausgleichsverfahren oder der VA ausscheidet (Prütting/Helms/Helms § 141 Rz 7). Im Gegensatz zu § 626 II 1 ZPO aF ist eine gerichtliche Entscheidung auf einen entsprechenden Antrag hin nicht mehr erforderlich.
Rn 6
Allein die Erklärung eines Beteiligten ...