Gesetzestext
(1) Ist eine nach § 142 einheitlich ergangene Entscheidung teilweise durch Beschwerde oder Rechtsbeschwerde angefochten worden, können Teile der einheitlichen Entscheidung, die eine andere Familiensache betreffen, durch Erweiterung des Rechtsmittels oder im Wege der Anschließung an das Rechtsmittel nur noch bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Rechtsmittelbegründung angefochten werden; bei mehreren Bekanntgaben ist die letzte maßgeblich. Ist eine Begründung des Rechtsmittels gesetzlich nicht vorgeschrieben, so tritt an die Stelle der Bekanntgabe der Rechtsmittelbegründung die Bekanntgabe des Schriftsatzes, mit dem das Rechtsmittel eingelegt wurde.
(2) Erfolgt innerhalb dieser Frist eine solche Erweiterung des Rechtsmittels oder Anschließung an das Rechtsmittel, so verlängert sich die Frist um einen weiteren Monat. Im Fall einer erneuten Erweiterung des Rechtsmittels oder Anschließung an das Rechtsmittel innerhalb der verlängerten Frist gilt Satz 1 entsprechend.
(3) Durch die Anschließung an die Beschwerde eines Versorgungsträgers kann der Scheidungsausspruch nicht angefochten werden.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Vorschrift begrenzt für Scheidungsverbundbeschlüsse die Möglichkeit, bisher nicht angefochtene Familiensachen zum Gegenstand einer Rechtsmittelerweiterung oder einer Anschlussbeschwerde zu machen, in zeitlicher Hinsicht. Dadurch soll der Eintritt der vorzeitigen (Teil-)Rechtskraft einzelner Entscheidungen einer Verbundentscheidung, insb des Scheidungsausspruchs, unabhängig von dem weiteren Schicksal der (sonstigen) Folgesachen ermöglicht werden (BGH FamRZ 16, 794; 11, 31; 98, 1024 zu § 629a III ZPO aF). Der durch das Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des FamFG (BGBl I 2016, 2222) mit Wirkung zum 15.10.2016 neu eingefügte Abs 3 soll den Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs auch dann ermöglichen, wenn ein Versorgungsträger entweder nicht beteiligt wurde oder einem beteiligten Versorgungsträger die Entscheidung nicht bekannt gegeben wurde (BTDRs 18/6985, 16). Der (selbst nicht angefochtene) Scheidungsausspruch wird spätestens mit Ablauf der in § 145 genannten Fristen rechtskräftig
B. Die Vorschrift im Einzelnen.
I. Anwendungsbereich.
1. Verbundentscheidung.
Rn 2
Die Vorschrift ist anwendbar, soweit eine einheitliche Verbundentscheidung iSv § 142 angefochten wird (Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 2; MüKoFamFG/Henjes § 145 Rz 2; Zö/Lorenz § 145 Rz 3); eine solche liegt nicht vor, wenn ausschließlich über den Scheidungsantrag entschieden worden ist, was aber aufgrund des ›Zwangsverbundes‹ mit der Folgesache VA gem § 137 II 2 nur in seltenen Fällen der Fall sein wird. Erfasst sind aber auch Verbundentscheidungen über mehrere abgetrennte Folgesachen, die gem § 137 V 1 ihrerseits einen Verbund bilden (Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 2; MüKoFamFG/Henjes § 145 Rz 8; Zö/Lorenz § 145 Rz 3). Ergeht im Verbundverfahren eine Teilentscheidung, durch die eine Ehe vorab geschieden wird und alle Folgesachenentscheidungen der Schlussentscheidung vorbehalten bleiben, so kann gegen die Scheidung Beschwerde eingelegt werden. Wird die Frist hierfür versäumt, kann der Scheidungsausspruch auch dann nicht mehr durch eine Anschließung angefochten werden, wenn nach Verkündung der Schlussentscheidung der Rest des ursprünglichen Verbundverfahrens in die Beschwerdeinstanz gelangt (Zö/Lorenz § 145 Rz 3; BGH FamRZ 83, 461).
2. Teilanfechtung durch Beschwerde oder Rechtsbeschwerde.
Rn 3
Die Verbundentscheidung darf nur teilw angefochten worden sein. Wird der gesamte Verbundbeschluss angefochten, greifen die Beschränkungen des § 145 nicht ein (J/H/A/Markwardt § 145 Rz 3; FAKomm-FamR/Roßmann § 145 Rz 4; ThoPu/Hüßtege § 145 Rz 1). Die Verbundentscheidung muss mit einem Hauptrechtsmittel, also mit der Beschwerde gem §§ 58 ff oder – nach Zulassung durch das Beschwerdegericht – mit der Rechtsbeschwerde gem §§ 70 ff angefochten sein.
3. Andere Familiensache.
Rn 4
Die Vorschrift des § 145 behandelt ausschließlich die nachträgliche Rechtsmittelerweiterung oder Anschließung in Bezug auf Teile des Verbundbeschlusses, die eine andere Familiensache betreffen als diejenige, die bereits mit einem Hauptrechtsmittel angefochten worden ist. Es muss unterschieden werden, ob es sich um einen anderen Verfahrensgegenstand handelt oder ob nur ein weiterer Aspekt eines einheitlichen Verfahrens betroffen ist. Die erforderliche Abgrenzung kann uU schwierig sein. Einen einheitlichen Verfahrensgegenstand bilden der Elementar- und Vorsorgeunterhalt gem § 1578 II, III BGB (Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 10; J/H/A/Markwardt § 145 Rz 3), der Regel- und Mehrbedarf bzw Sonderbedarf beim Kindesunterhalt, die verschiedenen Formen (interne oder externe Teilung) eines Wertausgleichs bei der Scheidung im VA (Stuttg FamRZ 11, 1086; MüKoFamFG/Henjes § 145 Rz 15), der Zugewinnausgleich sowie Anträge auf dessen Stundung bzw auf Übernahme von Gegenständen unter Anrechnung auf den Ausgleich (J/H/A/Markwardt § 145 Rz 3; Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 10; Zö/Lorenz § 145 Rz 5). Wegen der zu berücksichtigenden Geschwisterbindung sind auch Sorgeverfahren, die mehrere Kinder betreffen, ein einheitlicher Verfahr...