Gesetzestext
(1) Dokumente, deren Inhalt eine Termins- oder Fristbestimmung enthält oder den Lauf einer Frist auslöst, sind den Beteiligten bekannt zu geben.
(2) Die Bekanntgabe kann durch Zustellung nach den §§ 166 bis 195 der Zivilprozessordnung oder dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Adressaten zur Post gegeben wird. Soll die Bekanntgabe im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück drei Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, wenn nicht der Beteiligte glaubhaft macht, dass ihm das Schriftstück nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.
(3) Ist eine Bekanntgabe nicht geboten, können Dokumente den Beteiligten formlos mitgeteilt werden.
A. Zweck der Vorschrift.
Rn 1
§ 15 regelt die Bekanntgabe von Dokumenten (Begr zu § 15 RegE in BTDrs 16/6308, S 182).
B. Geltungsbereich.
Rn 2
§ 15 gilt in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und in Familiensachen, sofern keine Sonderregelungen im FamFG (§§ 33 Abs 2 S 2, 41 Abs 1, 366 Abs 3 S 1) oder außerhalb (§ 55 GBO) bestehen. In Ehe- und Familienstreitsachen gilt die Vorschrift nicht (§ 113 Abs 1 S 1).
C. Grundsatz der Bekanntgabe (Abs 1).
Rn 3
Abs 1 regelt die Bekanntgabe bestimmter Dokumente (gerichtliche Zwischen- und Endentscheidungen, Zwischenverfügungen, formlose Hinweise, Schreiben und Meinungsäußerungen sowie Schriftstücke anderer Beteiligter), sofern ihr Inhalt eine Termins- oder Fristbestimmung enthält oder den Lauf einer Frist auslöst. Dies gilt auch für gerichtliche Fristen nach §§ 366 Abs 3 S 1, 382 Abs 4, 388 Abs 1, 389 Abs 3, 390 Abs 5 S 2, 392–395, 399 Abs 1 S 1 und § 405 Abs 4 (Bumiller/Harders/Schwamb/Bumiller § 15 Rz 2).
D. Form der Bekanntgabe (Abs 2, 3).
I. Grundsatz.
Rn 4
§ 15 sieht die Zustellung nach §§ 166–195 ZPO oder die Aufgabe zur Post vor, um Dokumente möglichst effizient und unbürokratisch bekannt zu machen. Die Wahl der Art der Bekanntgabe erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts. Bei der Ausübung des Ermessens, das einen Zustellungswillen voraussetzt (BGH MDR 20, 566, 567 [BGH 19.02.2020 - XII ZB 291/19]), ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Bekanntgabe durch die Aufgabe zur Post hinreichend zuverlässig bewirkt werden kann oder es der förmlichen Zustellung bedarf (Begr zu § 15 RegE in BTDrs 16/6308, S 182). Diese weist den Zugang bei dem Empfänger eindeutig nach, entlastet die zuständigen Entscheidungsträger von weiteren Prüfungen und dient der Effizienz sowie Einsparung von Kosten (Prütting/Helms/Ahn-Roth § 15 Rz 3).
II. Förmliche Zustellung nach der ZPO.
Rn 5
Nach § 15 Abs 2 S 1, 1. Alt. kann die Zustellung nach den §§ 166–195 ZPO, dh im Amtsbetrieb, erfolgen. Für eine Zustellung auf Betreiben der Beteiligten (§§ 191–195 ZPO) ist in den durch Amtsermittlung geprägten Verfahren des FamFG kein Raum (Bumiller/Harders/Schwamb/Bumiller § 15 Rz 5), sodass der Verweis auf diese Bestimmungen ins Leere läuft. Der Gesetzgeber sollte dieses redaktionelle Versehen alsbald bereinigen.
Rn 6
Zugestellt wird durch die Geschäftsstelle des Gerichts (§ 168 Abs 1 S 1 ZPO), die auf Antrag den Zeitpunkt der Zustellung bescheinigt (§ 169 Abs 1 ZPO). Die Zustellung an nicht verfahrensfähige Personen ist unwirksam (§ 170 Abs 1 S 2 ZPO); zugestellt wird daher an den gesetzlichen Vertreter (§ 170 Abs 1 S 1 ZPO). Die Zustellung erfolgt ferner an Bevollmächtigte (§ 171 ZPO) und Prozessbevollmächtigte (§ 172 ZPO) sowie durch Aushändigung an der Amtsstelle (§ 173 ZPO) möglich. Rechtsanwälte und Notare erhalten Zustellungen durch Empfangsbekenntnis (§ 174 ZPO).