Rn 4
Die einzelnen Regelungsgegenstände der Kindschaftssachen sind im Katalog des § 151 im Einzelnen aufgeführt, der insoweit abschließend ist (vgl MüKoFamFG/Heilmann § 151 Rz 6; Schulte-Bunert/Weinreich/Ziegler § 151 Rz 2). Mitumfasst sind Verfahrensgegenstände, die mit den genannten Regelungsgegenständen in einem sachlichen oder verfahrensrechtlichen Zusammenhang stehen (BGH MDR 15, 1323). In einstweiligen Anordnungsverfahren richtet sich das Verfahren gem § 51 II 1 nach den für das Hauptsacheverfahren geltenden Vorschriften, sofern sich nicht aus den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes etwas anderes ergibt. Betrifft es einen der in § 151 genannten Regelungsgegenstände, ist es ebenfalls Kindschaftssache, sodass die §§ 152 ff zu beachten sind. Für das Vollstreckungsverfahren enthält der allgemeine Teil in §§ 86 ff zwar Sonderregelungen, die die Einordnung als Kindschaftssache nicht berühren (BGH aaO). Gleiches gilt für das VKH-Verfahren, ein Verfahren wegen Ablehnung eines Richters oder Sachverständigen oder ein Kostenfestsetzungsverfahren (vgl näher Prütting/Helms/Hammer § 151 Rz 3 ff; MüKoFamFG/Heilmann § 151 Rz 8 f; Keidel/Engelhardt § 151 Rz 3a; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn § 151 Rz 2; Schulte-Bunert/Weinreich/Ziegler § 151 Rz 2).
Rn 5
Gem § 137 III können einzelne, dort genannte Kindschaftssachen auf Antrag eines Ehegatten im Scheidungsverbundverfahren als Folgesache behandelt werden; das hat zur Folge, dass ergänzend die Verfahrensvorschriften für das Verbundverfahren (§§ 137 ff) beachtet werden müssen.
I. Elterliche Sorge, Nr 1.
Rn 6
Nr 1 knüpft an den in § 1626 BGB definierten Begriff der elterlichen Sorge an und erfasst alle Verfahren, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht die Bestimmung der Person des Sorgeberechtigten sowie seiner Rechte und Pflichten betreffen oder mit einer solchen Regelung aus sachlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen in Zusammenhang stehen (vgl BTDrs 16/6308, 233).
Rn 7
Erfasst sind insb folgende Verfahren (vgl auch Prütting/Helms/Hammer § 151 Rz 7; MüKoFamFG/Heilmann § 151 Rz 9–31; Keidel/Engelhardt § 151 Rz 5–7; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn § 151 Rz 4):
- §§ 112, 113 BGB: Entscheidungen im Zusammenhang mit dem selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch einen Minderjährigen oder im Zusammenhang mit dem Eintritt in ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis, für die funktionell der Rechtspfleger zuständig ist, § 3 Nr 2 lit a RPflG (bislang dem Vormundschaftsgericht zugewiesen)
- § 1491 III BGB: Erteilung der Genehmigung eines Verzichts eines anteilsberechtigten Abkömmlings auf seinen Anteil an dem Gesamtgut (betrifft nur die Vermögenssorge)
- § 1617 II 1 BGB: Übertragung des Bestimmungsrechts hinsichtlich des Geburtsnamens eines Kindes, sofern die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern ohne Ehenahmen innerhalb eines Monats nach der Geburt des (ersten) Kindes keine Bestimmung getroffen haben; zuständig ist gem § 14 I Nr 5 RPflG entsprechend der Richter, sofern es sich um eine Meinungsverschiedenheit zwischen Sorgeberechtigten handelt (Frankf FamRZ 96, 819; vgl auch Prütting/Helms/Hammer § 151 Rz 7; MüKoFamFG/Heilmann § 151 Rz 13)
- § 1618 S 4 BGB: Ersetzung der Einwilligung eines mit dem anderen Elternteil gemeinsam sorgeberechtigten Elternteils zu der von diesem mit seinem Ehegatten, der nicht Elternteil des Kindes ist, gewünschten Einbenennung eines Kindes; zuständig ist der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 2 lit a RPflG)
- § 1626a I Nr 3, II BGB: Übertragung der gemeinsamen Sorge bei nicht miteinander verheirateten Eltern; zuständig ist der Richter gem § 14 I Nr 3 RPflG
- § 1626c II 3 BGB: Ersetzung der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter zur Abgabe einer Sorgeerklärung nach § 1626a I Nr 1 BGB durch einen beschränkt geschäftsfähigen Elternteil; zuständig ist der Richter gem § 14 I Nr 12 lit b RPflG
- § 1628 BGB: Übertragung der Entscheidungsbefugnis bei gemeinsamer Sorge in einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind iSv § 1687 I 1 BGB; zuständig ist der Richter gem § 14 I Nr 5 RPflG. In diesem Zusammenhang sind insb bedeutsam die Auswahl des Kindergartens oder der Schule (zB Besuch einer privaten Grundschule: Dresd FamRZ 17, 39; KG FamRZ 18, 502: Grundschulanmeldung bei bislang praktiziertem Wechselmodell), die Frage, ob eine Schutzimpfung des Kindes erfolgen soll oder nicht (BGH MDR 17, 765 [BGH 03.05.2017 - XII ZB 157/16]) oder aber die Auswahl des Vornamens bzw eine Änderung des Nachnamens nach §§ 2, 3 NamÄndG (BGH MDR 17, 92). Auch die Wahl des Urlaubsziels kann eine Angelegenheit von besonderer Bedeutung sein (zB Frankf FuR 19, 39; FamRZ 16, 1595: Türkei; vgl aber auch KG FamRZ 16, 2111: nicht bei Reise in ein Sprachcamp in Großbritannien; FamRZ 17, 1061: nicht bei Reise in ein Baderesort in Thailand)
- § 1629 II 3 iVm § 1796 BGB: Entzug der gesetzlichen Vertretungsmacht; zuständig ist der Rechtspfleger gem § 3 Nr 2 lit a RPflG
- § 1630 II BGB: Gerichtliche Entscheidung in einer Angelegenheit, die sowohl die Personensorge als auch die Vermögenssorge betrifft bei Meinungsverschiedenheiten zwischen...