Rn 12
Liegen weder die Voraussetzungen des Abs 1 noch die des Abs 2 vor, ist gem Abs 3 das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge bekannt wird. Diese Regelung kommt mithin nur dann zum Tragen, wenn eine Ehesache nicht anhängig ist und sich der Aufenthalt eines Kindes noch nicht zu einem gewöhnlichen Aufenthalt verdichtet hat, wenn ein solcher nicht feststellbar ist (Karlsr FamRZ 11, 1888; Hamm FamRZ 11, 395) oder im Ausland (Stuttg FamRZ 17, 237) liegt (BTDrs 16/6308, 235). Die Vorschrift stellt – nachdem der Gesetzgeber in § 152 FamFG bewusst auf weitere Zuständigkeitsregelungen verzichtet hat – einen weit auszulegenden Auffangtatbestand dar, der die in Kindschaftssachen gebotene lückenlose Kodifizierung der örtlichen Zuständigkeit gewährleistet (Karlsr FamRZ 11, 1888; MüKoFamFG/Heilmann § 152 Rz 4).
Rn 13
Abs 3 ist auch heranzuziehen, wenn das Kind noch nicht geboren ist (BTDrs 16/6308, 235; FAKomm-FamR/Ziegler § 152 Rz 8; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 152 Rz 7). Ein Fürsorgebedürfnis kann sich dann ergeben, wenn gem § 1912 BGB ein Pfleger für eine Leibesfrucht zu bestellen ist oder aber für das noch ungeborene Kind ein Vormund zu bestellen ist, weil die nicht verheiratete Mutter minderjährig oder geschäftsunfähig ist, §§ 1626a III, 1673 BGB (vgl Palandt/Götz § 1774 Rz 1). Praktische Relevanz hat der Gerichtsstand zuletzt im Zusammenhang mit nach Deutschland eingereisten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen erlangt.
Rn 14
Der Grundsatz der perpetuatio fori ist auch in den Fällen zu beachten, in denen sich eine örtliche Zuständigkeit aufgrund des Bedürfnisses der Fürsorge im Gerichtsbezirk ergibt. Wird also zeitlich nachfolgend ein gewöhnlicher Aufenthalt iSv Abs 2 begründet, berührt das die nach Abs 3 einmal begründete Zuständigkeit nicht. Etwas anderes gilt gem § 153 nur bei nachträglicher Anhängigkeit einer Ehesache. Eine (Weiter-)Verweisung nach § 3 kommt nicht in Betracht. Eine Veränderung der örtlichen Zuständigkeit kann in diesen Fällen nur im Wege der Abgabe nach § 4 aus wichtigem Grund herbeigeführt werden (Frankf FamRZ 16, 1691; FamRB 16, 310; MüKoFamFG/Heilmann § 152 Rz 20). Tritt das Bedürfnis nach Fürsorge für ein Kind wegen der unterschiedlichen Aufenthaltsorte des Kindes, seiner Eltern und des Ergänzungspflegers an verschiedenen (Gerichts-)Orten hervor, ist die Zuständigkeit verschiedener Familiengerichte iR einer Gesamtschau nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu bestimmen (Hamm FamRZ 13, 2004; 16, 1391; Keidel/Engelhardt § 152 Rz 7; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn § 152 Rz 6). Hier kann auf besondere Sachnähe oder Sachkenntnis, insb aufgrund Vorbefassung, abgestellt werden (Hamm FamRZ 13, 2004; Stuttg FamRZ 17, 237; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 152 Rz 7).