Rn 8
Die Vorschrift des § 155 Abs 2 S 1 entspricht § 50e II FGG aF und begründet für das Gericht die Pflicht, in einer Kindschaftssache iSv Abs 1 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchzuführen, der mit einem frühen ersten Termin in Familienstreitsachen gem § 113 I 2 iVm §§ 272 II, 275 ZPO vergleichbar ist. Ein ›schriftliches Vorverfahren‹ soll nicht stattfinden, um die in Abs 1 genannten Kindschaftsverfahren beschleunigt durchführen zu können. Abs 2 S 2 ordnet an, dass der Termin spätestens einen Monat ›nach Beginn des Verfahrens‹ stattfinden soll. Auf den Termin hin kann auch bereits eine die Instanz abschließende Entscheidung erfolgen, sofern das Gericht bereits aufgrund der ersten Anhörung der Beteiligten und des Kindes(!) eine hinreichende Entscheidungsgrundlage bekommen hat.
Rn 9
Mit einer schnellen Terminierung soll der Versuch unternommen werden, eine Eskalation des Elternstreits nach Möglichkeit zu vermeiden. Das gelingt am ehesten, wenn so zeitig wie möglich alle Beteiligten ›an einen Tisch‹ geholt werden, um Lösungsmöglichkeiten auszuloten und bei Bedarf außergerichtliche Hilfen zu installieren oder ein Sachverständigengutachten zu beauftragen. Das Gericht sollte im Einzelnen
- im mündlichen Gespräch mit den Beteiligten den Sachverhalt und die jeweiligen Standpunkte und Interessen ermitteln;
- unter Mitwirkung des Jugendamts im Termin auf eine einvernehmliche Regelung hinwirken, anderenfalls prüfen, ob die Eltern eine erforderliche Beratung oder ein Informationsgespräch zur Mediation in Anspruch nehmen wollen bzw, ob eine entsprechende Anordnung sinnvoll ist, § 156 I;
- mit den Verfahrensbeteiligten besprechen, welchen Verlauf das weitere Verfahren nehmen soll (Verfahrensplanung); dabei sollten auch die Rollen und Aufgaben der professionell Beteiligten geklärt werden, die sich wegen der allseitigen Aufgabe des Hinwirkens auf Einvernehmen in ihren Aufgabenbereichen oft überschneiden und gegenseitig zu behindern drohen;
- für die weitere Dauer des Hauptsacheverfahrens auf eine einvernehmliche Zwischenregelung hinwirken und anderenfalls den Erlass einer A prüfen (Prütting/Helms/Hammer § 155 Rz 45).
Rn 10
In einem Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB soll das Gericht nach § 157 I die (mögliche) Kindeswohlgefährdung erörtern.
Rn 11
Handelt es sich bei der Kindschaftssache um ein Antragsverfahren (zB Sorgeverfahren nach § 1671 BGB), soll das Gericht gem § 14 III iVm § 21 FamGKG – abweichend von der allgemeinen Regelung in § 11 FamGKG – grds einen Kostenvorschuss anfordern. Das gilt insb dann nicht, wenn ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt wird, § 14 II FamGKG oder in den Fällen des § 15 FamGKG, insb also dann nicht, wenn dem Antragsteller VKH bewilligt worden ist, § 15 Nr 1 FamGKG. Ist ein VKH-Antrag gestellt worden, lassen sich aber nicht alle hierfür entscheidungsrelevanten Fragen aufklären, sieht die Gesetzesbegründung ausdrücklich vor, dass Fragen zur Bedürftigkeit im Termin zu klären sind (BTDrs 16/6308, 236; Stößer FamRZ 09, 656). Ist die Bewilligung von VKH zumindest wahrscheinlich, wird im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz in Antragsverfahren kein Vorschuss gefordert werden können. Wird der VKH-Antrag vor dem Termin zurückgewiesen und hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt, ist der frühe Termin nicht zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens aufzuheben (Prütting/Helms/Hammer § 155 Rz 34 mwN). Demgegenüber darf die Terminierung in Kindschaftsverfahren, die keine Antragsverfahren sind, nicht vom Eingang eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden (Saarbr FuR 12, 560: Umgangsverfahren). Handelt es sich bei der Kindschaftssache um eine im Scheidungsverbund geltend gemachte Folgesache iSv § 137 III, besteht keine Vorschusspflicht (§§ 9 I, 14 I FamGKG erfassen nur die Ehesache; vgl zB Schulte-Bunert/Weinreich/Keske § 11 FamGKG Rz 15).
Rn 12
Der Termin soll gem Abs 2 S 2 spätestens einen Monat ›nach Beginn des Verfahrens‹ anberaumt werden. Die Monatsfrist beginnt in Antragsverfahren mit der Einreichung des Antrags oder eines VKH-Antrags und in Amtsverfahren in dem Zeitpunkt, in dem das Gericht von Umständen Kenntnis erhält, die eine Verpflichtung zum Tätigwerden auslösen. Das gilt nicht im Verfahren der einstweiligen Anordnung gem §§ 49 ff, die auch ohne mündliche Anhörung der Beteiligten erlassen werden kann (zB MüKoFamFG/Heilmann § 155 Rz 53). Auch im Beschwerdeverfahren gilt Abs 2 S 2 nicht (MüKoFamFG/Heilmann § 155 Rz 52; Prütting/Helms/Hammer § 155 Rz 31; Schulte-Bunert/Weinreich/Ziegler § 155 Rz 7; aA wohl Bork/Jacoby/Schwab/Zorn § 155 Rz 5); dies schon deshalb, weil gem § 68 III 2 von der Durchführung eines Termins abgesehen werden kann, wenn hiervon keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind. Zudem haben die Beteiligten bei Beschwerdeeinlegung bereits eine Instanz durchlaufen, sodass regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten bereits umfassend ausgelotet worden sind. Schließlich ist die Monatsfrist im Beschwerdeverfahren...