Rn 1

Die Vorschrift ist aufgrund des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16.4.13 (BGBl I, 795) neu eingefügt worden und am 19.5.13 in Kraft getreten. Nach der bis zum 18.5.13 geltenden Regelung des § 1626a I BGB aF stand nicht miteinander verheirateten Eltern die elterliche Sorge für ihr Kind nur dann gemeinsam zu, wenn sie übereinstimmende Sorgeerklärungen abgaben oder einander heirateten. Ansonsten stand die elterliche Sorge gem § 1626a II BGB aF der Mutter allein zu. Der Vater war also auf die Zustimmung der Mutter angewiesen, ohne dass deren Haltung einer familiengerichtlichen Überprüfung unterzogen werden konnte. Die Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern wurde ganz entscheidend durch eine Entscheidung des EGMR vom 3.12.09 (Zaunegger./. Bundesrepublik Deutschland, FamRZ 10, 103) befeuert. Das BVerfG hatte noch im Urteil vom 29.1.03 (FamRZ 03, 285) keinen Handlungsbedarf gesehen und erst mit Beschluss vom 21.7.10 (FamRZ 10, 1403) die bestehende Regelung des Zugangs des nicht mit der Kindesmutter verheirateten Vaters zur Sorgetragung in § 1626a I, II BGB aF wegen Verstoßes gegen Art. 6 II GG beanstandet. In der seit dem 19.5.13 geltenden Fassung des § 1626a BGB ist in Abs 1 Nr 3, Abs. 2 vorgesehen, dass das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam überträgt, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Nach § 1626a II 2 BGB wird dabei gesetzlich vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht, wenn der andere Elternteil keine Gründe vorträgt, die der Übertragung der elterlichen Sorge entgegenstehen können, und auch sonst keine solchen Gründe ersichtlich sind. Die Vorschrift des § 155a fasst die im Verfahren zur Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a I Nr 3, II BGB geltenden verfahrensrechtlichen Besonderheiten zusammen.

 

Rn 2

Sowohl in der Literatur als auch in der Rspr gehen die Auffassungen insb zur Umsetzung des vereinfachten Verfahrens nach Abs 3 (vgl schon die Stellungnahme des BR zum Gesetzesentwurf: ›Fremdkörper im Gesamtgefüge der kindschaftsrechtlichen Verfahren‹, BTDrs 17/11048, 27) sowie zum Leitbild der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a II, III BGB nach wie vor auseinander (vgl eingehend MüKoFamFG/Schumann § 155a Rz 21 mwN). Zwischenzeitlich liegt der aufgrund Art 6 des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern von dem BMJV dem Deutschen Bundestag vorzulegende Bericht über die Evaluierung der durch das genannte Gesetz geänderten sorgerechtlichen Bestimmungen des BGB und des eingefügten § 155a vor (v 29.3.18, BTDrs 19/1450). Danach hätten sich Befürchtungen, die mit Einführung des vereinfachten Sorgeverfahrens verbunden und Anlass zu dem Evaluierungsauftrag gegeben haben, nicht bewahrheitet. Vielmehr seien die neuen Regelungen in der Praxis durchaus handhabbar. Ein weitergehender Handlungsbedarf des Gesetzgebers wird nicht gesehen.

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