Gesetzestext
(1) Der Beschluss nach § 155b Absatz 2 Satz 1 kann von dem Beteiligten innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der schriftlichen Bekanntgabe mit der Beschwerde angefochten werden. § 64 Absatz 1 gilt entsprechend. 3Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt; es hat die Akten unverzüglich dem Beschwerdegericht nach Absatz 2 vorzulegen.
(2) Über die Beschleunigungsbeschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, wenn das Amtsgericht den Beschluss nach § 155b Absatz 2 Satz 1 gefasst hat. Hat das Oberlandesgericht oder der Bundesgerichtshof den Beschluss gefasst, so entscheidet ein anderer Spruchkörper desselben Gerichts.
(3) Das Beschwerdegericht entscheidet unverzüglich nach Aktenlage; seine Entscheidung soll spätestens innerhalb eines Monats ergehen. § 68 Absatz 2 gilt entsprechend. Das Beschwerdegericht hat festzustellen, ob die bisherige Dauer des Verfahrens dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 Absatz 1 entspricht. Stellt es fest, dass dies nicht der Fall ist, hat das Gericht, dessen Beschluss angefochten worden ist, das Verfahren unter Beachtung der rechtlichen Beurteilung des Beschwerdegerichts unverzüglich vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(4) Hat das Gericht innerhalb der Monatsfrist des § 155b Absatz 2 Satz 1 keine Entscheidung über die Beschleunigungsrüge getroffen, kann der Beteiligte innerhalb einer Frist von zwei Monaten bei dem Beschwerdegericht nach Absatz 2 die Beschleunigungsbeschwerde einlegen. Die Frist beginnt mit Eingang der Beschleunigungsrüge bei dem Gericht. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Beschleunigungsbeschwerde ist zusammen mit der Beschleunigungsrüge durch das Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und des Gerichtskostengesetzes (BGBl I 2016, 2222) eingeführt worden. Die Vorschrift enthält eine abschließende Regelung für die gegenüber dem Rechtszug der Hauptsache unabhängige und besonders ausgestaltete Beschwerde gegen den die Beschleunigungsrüge bescheidenden Beschluss (Keidel/Meyer-Holz § 155c Rz 1), der eine von § 58 I 1 nicht erfasste verfahrensrechtliche Zwischenentscheidung darstellt (FAKomm-FamR/Ziegler § 155c Rz 1; Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 1). Eine Verfassungsbeschwerde wegen Untätigkeit des Gerichts kommt nicht in Betracht, bevor nicht vom Rechtsbehelf der Beschleunigungsrüge und der Beschleunigungsbeschwerde Gebrauch gemacht worden ist; einer Vorabentscheidung nach § 90 II 2 BVerfGG steht der Subsidiaritätsgrundsatz entgegen (BVerfG FamRZ 17, 620).
Rn 2
Beschleunigung ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, dass die Entscheidung in der Sache nicht durch bloßen Zeitablauf faktisch präjudiziert wird (BTDrs 18/9092, 19; Hambg FuR 17, 562; Stuttg FuR 18, 267; Karlsr FuR 18, 386). Sinn und Zweck des Beschwerdeverfahrens ist (ebenso wie bei der Beschleunigungsrüge) demzufolge nicht die bloße Feststellung eines Verstoßes gegen das Vorrang- und Beschleunigungsgebot, sondern die effektive Durchsetzung eines beschleunigten Verfahrens (MüKoFamFG/Schumann § 155c Rz 13; Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 5; Bahrenfuss/Schlemm § 155c Rz 3; Karlsr FuR 18, 265).
B. Die Vorschrift im Einzelnen.
I. Einlegung der Beschleunigungsbeschwerde (Abs 1).
1. Beschwerdebefugnis.
Rn 3
Beschwerdebefugt ist der Beteiligte, der die Beschleunigungsrüge eingelegt hat, die durch das Gericht nach § 155b als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Hat das Gericht zwar eine unangemessen lange Verfahrensdauer festgestellt, aber gleichwohl keine Maßnahmen zur Förderung des Verfahrens getroffen, zB, weil es keine Möglichkeiten sieht, das Verfahren weiter zu beschleunigen, fehlt es formal an einer Beschwer des Rügenden (Keuter FamRZ 16, 1817, 1822). In diesem Fall wird vertreten, dass die Beschwerdebefugnis davon abhängt, ob das Gericht seiner Verpflichtung nach § 155b II 2 nachgekommen ist (Keuter FamRZ 16, 1817, 1822; Bork/Jacoby/Schwab/Müller § 155c Rz 5). Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes muss auch in diesen Fällen eine Beschleunigungsbeschwerde nach § 155c IV zulässig sein (Bahrenfuss/Schlemm § 155c Rz 17; Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 5; MüKoFamFG/Schumann § 155c Rz 8).
Rn 4
Die Beschwerdebefugnis muss im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde gegeben sein und im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch vorliegen. Ergreift das Familiengericht Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens, trifft es eine instanzbeendende Entscheidung oder endet das Verfahren zwischenzeitlich auf sonstige Weise, entfällt nicht nur das Rechtsschutzbedürfnis für die auf die Beschleunigung des Verfahrens gerichtete Beschleunigungsrüge nachträglich, sondern auch für die -beschwerde (sowie auch das Rechtsschutzbedürfnis für eine wegen der Zurückweisung der Beschwerde erhobenen Verfassungsbeschwerde, BVerfG FamRZ 18, 1761). Es besteht auch kein Anlass, in diesen Fällen eine ›Fortsetzungsfeststellungsentscheidung‹ zu treffe...