Rn 43
Abs 3 S 2 wurde durch das Mediationsgesetz (v 21.7.12, BGBl I 2012, 1577) teilw ergänzt. In Umgangsverfahren soll das Gericht den Umgang durch einstweilige Anordnung regeln oder ausschließen, wenn es
- die Teilnahme an einer Beratung (Abs 1 S 4),
- die Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder sonstige außergerichtliche Konfliktbeilegung (Abs 1 S 3) oder
- eine schriftliche Begutachtung
anordnet und das Verfahren deshalb noch nicht endgültig entschieden werden kann. Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist in allen Umgangsrechtsverfahren der Erlass einer einstweiligen Anordnung vAw zu prüfen. Auch hier geht es darum, einer weiteren Entfremdung des Umgangsberechtigten und des Kindes aufgrund der mit den genannten Anordnungen verbundenen verzögerten Entscheidung entgegenzuwirken. Nach dem Wortlaut ist Abs 3 S 2 nicht einschlägig, wenn eine mündlich zu erstattende Begutachtung angeordnet wird. Es wird zu Recht vertreten, dass Abs 3 S 2 auch im Falle einer mündlich zu erstattenden Begutachtung Anwendung findet (FAKomm-FamR/Ziegler § 156 Rz 11; Prütting/Helms/Hammer § 156 Rz 86 Fn 1; aA J/H/A/Döll § 156 Rz 14), sofern diese das Verfahren nicht nur unwesentlich verzögert.
Rn 44
Abs 3 S 2 ist als ›Soll-Vorschrift‹ ausgestaltet. Von der Pflicht zum Erlass einer einstweiligen Anordnung kann nur in Ausnahmefällen abgesehen werden, wenn bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung absehbar ist, dass die Anordnung nur zu einer unwesentlichen Verzögerung führt (vgl BTDrs 16/6308, 237; Keidel/Engelhardt § 156 Rz 20; Haußleiter/Eickelmann § 156 Rz 27; FAKomm-FamR/Ziegler § 156 Rz 10). Hieraus wird aber nicht gefolgert werden können, dass Regelung des Abs 3 S 2 bereits eine gesetzliche Vermutung für das Vorliegen eines Regelungsbedürfnisses enthält (bejahend Musielak/Borth/Borth/Grandel § 156 Rz 13; Prütting/Helms/Hammer § 156 Rz 87; aA MüKoFamFG/Schumann § 156 Rz 32), wenngleich in umgangsrechtlichen Verfahren das dringende Bedürfnis bei drohender Entfremdung zwischen Kind und Umgangsberechtigtem regelmäßig zu bejahen sein wird (MüKoFamFG/Schumann § 156 Rz 32). Das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch im Fall des Abs 3 S 2 im Einzelfall positiv festzustellen, auch einstweilige Anordnungen können später nicht oder nur schwer rückgängig zu machende Tatsachen schaffen, die zudem mit einem erheblichen Eingriff in ein Grundrecht verbunden sein können. Eine Verfahrensverzögerung aufgrund einer Anordnung iSv Abs 3 S 2 führt nicht zwingend zu einem Regelungsbedürfnis iSv § 49, zumal der Umgang auch einstweilen ausgeschlossen werden kann. Eine vorläufige Anordnung eines Umgangs kann nicht erfolgen, wenn der Sachverhalt auch für eine Eilanordnung nicht ausreichend ermittelt ist (Prütting/Helms/Hammer § 156 Rz 88).