Rn 32

Nach dem Wortlaut des § 156 II 1 müssen alle Verfahrensbeteiligten iSv § 7 Einvernehmen erzielen. Das bedeutet, dass nicht nur die Eltern, sondern auch das Jugendamt im Falle seiner Beteiligung nach § 162 II und der Verfahrensbeistand (§ 158 III 2; vgl Brandbg FuR 17, 397) dem Vergleich zustimmen müssen (Musielak/Borth/Borth/Grandel § 156 Rz 9; Prütting/Helms/Hammer § 156 Rz 54; ThoPu/Hüßtege § 156 Rz 8; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn § 156 Rz 16). Teilw wird vertreten, dass wegen des Vorrangs des Elternrechts gem Art 6 Abs 2 GG bei verfassungskonformer Auslegung die fehlende Zustimmung des Jugendamts oder des Verfahrensbeistands unschädlich sei (FAKomm-FamR/Ziegler § 156 Rz 5; vgl weiter zu dies ablehnenden Auffassungen MüKoFamFG/Schumann § 156 Rz 24 Fn 127). Dem ist schon nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht zuzustimmen (vgl auch BTDrs 16/6308, 237).

 

Rn 33

Auch das Kind selbst muss der Regelung zustimmen. Es ist am Kindschaftsverfahren immer formell beteiligt und bedarf, sofern es nicht nach § 9 I Nr 3 verfahrensfähig ist (also das 14. Lebensjahr vollendet hat und in dem seine Person betreffenden Verfahren ein ihnen nach bürgerlichem Recht zustehendes Recht geltend macht), zur Wahrung seiner (Verfahrens-)Rechte gem 9 II eines gesetzlichen Vertreters (BGH FuR 12, 26). Ist das Kind nicht verfahrensfähig, wird es durch die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern bzw den allein sorgeberechtigten Elternteil vertreten (AG Ludwigslust FamRZ 10, 488). Besteht ein erheblicher Interessengegensatz zwischen dem Kind und seinen Eltern, kann dem Kind ein Ergänzungspfleger bestellt werden, § 1629 II 3 iVm § 1796 BGB (Prütting/Helms/Hammer § 156 Rz 51; Haußleiter/Eickelmann § 156 Rz 14; ThoPu/Hüßtege § 156 Rz 8; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn § 156 Rz 16). Dies wird vom BGH allerdings einschr nur dann für erforderlich gehalten, wenn durch die Bestellung eines Verfahrensbeistands nicht bereits auf andere Weise für eine wirksame Interessenvertretung des Kindes Sorge getragen werden kann (BGH FuR 2012, 26; FuR 2012, 262; vgl auch MüKoFamFG/Schumann § 156 Rz 23). Der Verfahrensbeistand vertritt das Kind zwar nicht, § 158 IV 6; die dieser Regelung zugrunde liegenden Erwägungen zeigen, dass es nach den Vorstellungen des Gesetzgebers mit der Bestellung des Verfahrensbeistands als Interessenvertreter des Kindes selbst bei Interessenkonflikten regelmäßig auch sein Bewenden haben soll (BGH FuR 12, 26; 12, 262). Vor gerichtlicher Billigung einer Vereinbarung der Eltern, insb zum Umgang muss das Kind gem § 159 angehört werden, damit dem Gericht eine Kindeswohlprüfung möglich ist (Prütting/Helms/Hammer § 156 Rz 60 mwN). Die Anhörung kann nicht durch Ausführungen des Verfahrensbeistands ersetzt werden. War eine Anhörung noch nicht geplant, muss diese nachgeholt werden, bevor eine Billigung des Vergleichs ausgesprochen werden kann.

 

Rn 34

Das Einvernehmen muss im Zeitpunkt der gerichtlichen Billigung noch vorliegen (Prütting/Helms/Hammer § 156 Rz 57; Oldbg FamRZ 19, 1159; Ddorf FuR 18, 149; 23.3.15 – II-5 UF 51/15, juris; Hamm FamRZ 15, 1988). Bis zu diesem Zeitpunkt kann sie von allen Verfahrensbeteiligten widerrufen werden, was praktisch nur dann der Fall sein wird, wenn die Elternvereinbarung nicht sofort auch gerichtlich gebilligt wird.

 

Rn 35

Ist im Vergleich für eine bestimmte Frist ein Widerruf nachgelassen (dh der Vergleich nur unter einer auflösenden Bedingung geschlossen), darf die Billigung nicht erfolgen, solange der Widerruf noch möglich ist. Erfolgt sie dennoch und wird der Vergleich nachträglich widerrufen, ist der gerichtlich gebilligte Vergleich allerdings nicht unwirksam, sondern anfechtbar (Prütting/Helms/Hammer § 156 Rz 57). In der Praxis sollte die Einräumung einer Widerrufsfrist regelmäßig nicht in Betracht kommen, wenn alle Beteiligten zugegen sind.

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