Gesetzestext

 

(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist.

(2) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich,

1. wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
2. in Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge in Betracht kommt,
3. wenn eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
4. in Verfahren, die die Herausgabe des Kindes oder eine Verbleibensanordnung zum Gegenstand haben, oder
5. wenn der Ausschluss oder eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.

(3) Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen. Er wird durch seine Bestellung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen. Sieht das Gericht in den Fällen des Absatzes 2 von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(4) Der Verfahrensbeistand hat das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Das Gericht hat Art und Umfang der Beauftragung konkret festzulegen und die Beauftragung zu begründen. Der Verfahrensbeistand kann im Interesse des Kindes Rechtsmittel einlegen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes.

(5) Die Bestellung soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Kindes von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten angemessen vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird,

1. mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder
2. mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Für den Ersatz von Aufwendungen des nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistands gilt § 277 Abs. 1 entsprechend. Wird die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt, erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Absatz 4 in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 Euro. Im Fall der Übertragung von Aufgaben nach Absatz 4 Satz 3 erhöht sich die Vergütung auf 550 Euro. Die Vergütung gilt auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Verfahrensbeistandschaft entstandener Aufwendungen sowie die auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer ab. Der Aufwendungsersatz und die Vergütung sind stets aus der Staatskasse zu zahlen. Im Übrigen gilt § 168 Abs. 1 entsprechend.

(8) Dem Verfahrensbeistand sind keine Kosten aufzuerlegen.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Für die am Kindeswohl zu orientierende Entscheidung ist von besonderer Bedeutung, dass das Interesse des regelmäßig nicht formell am Verfahren beteiligten Kindes in einer Weise in das Verfahren eingebracht wird, die seiner grundrechtlichen Position hinreichend Rechnung trägt (vgl bereits BVerfG NJW 81, 217; zuletzt BVerfG FamRZ 18, 826). Durch das am 1.7.98 in Kraft getretene Kindschaftsrechtsreformgesetz (BGBl I, 2942) wurde in § 50 FGG aF zur Wahrung der Kindesinteressen erstmals der Verfahrenspfleger geregelt (vgl hierzu BTDrs 13/4899, 129). Der Verfahrensbeistand tritt nun an die Stelle des Verfahrenspflegers; die Bezeichnung ›Verfahrensbeistand‹ soll Aufgabe und Funktion im Verfahren deutlicher zum Ausdruck bringen; als ausschließlich verfahrensrechtliches Institut handelt es sich nicht um eine Beistandschaft iSv §§ 1712 ff BGB (BTDrs 16/6308, 238). Wurde der Verfahrensbeistand in einem Verfahren zur Regelung des Umgangs nach § 1684 bestellt, ist er nicht zugleich auch Umgangspfleger gem § 1684 III BGB.

 

Rn 2

Der Begriff des Verfahrenspflegers wurde nur für den Bereich der Kindschaftssachen geändert; für das Verfahren in Betreuungs- und Unterbringungssachen wurde er grds beibehalten (vgl § 317), um die unterschiedliche Ausgestaltung der verschiedenen Rechtsgebiete zu unterstreichen (BTDrs 16/6308, 238); § 167 I 2 bestimmt aber ausdrücklich, dass bei der freiheitsentziehenden Unterbringung Minderjähriger an die Stelle des Verfahrenspflegers der Verfahrensbeistand tritt, da auch diese Verfahren nach § 151 Nr 6, 7 Kindschaftssachen sind. Die Vorschriften der §§ 174, 191 ermöglichen es dem Gericht weitergehend, einem minderjährigen Beteiligten auch in Abstammungs- und Adoptionssachen einen Verfahrensbeistand nach § 158 zu bestellen.

 

Rn 3

Mit der Neuregelung in § 158 sollen auch Streit- und Zwe...

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