Rn 6
Kinder unter 14 Jahren sind in allen Kindschaftssachen persönlich anzuhören, wenn ihre Neigungen, Bindungen oder der Kindeswille für die Entscheidung von Bedeutung sind. Die Neigungen, Bindungen und der Kindeswille sind gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls (BGH FuR 16, 576); die Pflicht zur Anhörung besteht in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, also Verfahren zur Regelung der elterlichen Sorge, des Umgangs, der Herausgabe des Kindes und Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls (Prütting/Helms/Hammer § 159 Rz 7; MüKoFamFG/Schumann § 159 Rz 5; FAKomm-FamR/Ziegler § 159 Rz 6). In Verfahren nach § 155a kann von der Anhörung des Kindes nicht deswegen abgesehen werden, weil ihm die abstrakte rechtliche Konstruktion der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht vermittelbar ist oder es vielen Kindern gleichgültig ist, ob ein Elternteil allein oder beide gemeinsam die elterliche Sorge ausüben (BGH FuR 16, 576). Kennt ein Kind seinen Vater nicht und kommt nur ein Umgangsausschluss in Betracht, weil dieser wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 96 Fällen verurteilt worden war und sich später erneut ›zufällig‹ kinderpornografisches Material bei ihm fand, soll eine Kindesanhörung entbehrlich sein, wenn das Kind nicht in der Lage ist, die Bedeutung der Entscheidungsgrundlagen zu verstehen (Hamm FamRZ 15, 1732: 9 Jahre altes Mädchen; ähnlich Ddorf FamRZ 09, 1685: 3 Jahre und 4 Monate alte Kinder). Nach Kobl (FamRZ 16, 1093) soll die Anhörung eines 4 Jahre alten Kindes, das seinen Vater nicht kennt, in einem Verfahren wegen Regelung des Umgangs entbehrlich sein. Hängt die Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung lediglich von rechtlichen Erwägungen hinsichtlich der Verfahrensgestaltung ab, die durch einen persönlichen Eindruck des Kindes nicht beeinflusst werden, kann die Anhörung entbehrlich sein (Frankf FamRZ 19, 1073). Dementsprechend kann im Verfahren nach § 1686a BGB die Anhörung eines Kindes ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn der Antrag (ausschließlich) als unzulässig oder wegen fehlenden ernsthaften Interesses zurückzuweisen ist oder wenn die Abstammungsuntersuchung ergibt, dass der ASt nicht der biologische Vater ist (BGH FuR 17, 23; Hammer FamRB 15, 14). Die Anhörung eines Vorschulkindes kann entbehrlich sein, wenn die Eltern über die Gestaltung des Umgangs einig sind und lediglich Marginale Differenzen hinsichtlich der Umgangszeiten bestehen oder aber der Streit Fragen der Sicherheit betrifft (welcher Kindersitz; Anbringen eines Kinderschutzes an der Treppe usw).