Rn 32
Hat das Gericht von einer Maßnahme nach §§ 1666–1667 BGB abgesehen, weil eine Gefährdung des Kindeswohls (noch) nicht festgestellt werden konnte, soll es gem Abs 3 auch diese Entscheidung überprüfen. Der Gesetzgeber hatte hier insb den Fall vor Augen, dass die Eltern im Ausgangsverfahren zur Abwendung einer Maßnahme nach § 1666 BGB ihre Bereitschaft zur Inanspruchnahme von Leistungen der Jugendhilfe und zur Kooperation mit dem Jugendamt erklären; es soll der Gefahr vorgebeugt werden, dass Eltern nach einem für sie folgenlosen Gerichtsverfahren nicht mehr mit dem Jugendamt kooperieren und ihrem Kind damit notwendige Hilfen vorenthalten (BTDrs 16/6308, 243). Oftmals erfolgt in solchen Fällen eine Kontrolle schon im Ausgangsverfahren durch Bestimmung eines Fortsetzungstermins; zum Schutz des Kindes ist das Gericht zu einer Überprüfung auch nach förmlicher Einstellung des Verfahrens verpflichtet.
Rn 33
Der Anwendungsbereich von Abs 3 ist enger als der von Abs 2: Erfasst sind nur Entscheidungen des Gerichts, durch die von einer Maßnahme nach §§ 1666, 1667 BGB abgesehen wird. Dies ist durch einen (anfechtbaren) Beschluss auszusprechen, der das Verfahren zunächst beendet. Abs 3 setzt eine förmliche Beendigung des Verfahrens voraus, also einen formell rechtskräftigen Beschluss (MüKoFamFG/Heilmann § 166 Rz 26; Prütting/Helms/Hammer § 166 Rz 19; Heilmann/Heilmann § 166 Rz 19, 6; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 166 Rz 6; Bartels FuR 19, 77, 79; aA FAKomm-FamR/Ziegler § 166 Rz 5). Alleine die Durchführung eines Erörterungstermins nach § 157 I löst die Überprüfungspflicht nach Abs 3 nicht aus, denn dieser ist lediglich ein Teil des Verfahrens nach § 1666 BGB.
Rn 34
Im Unterschied zu Abs 2 ist die gerichtliche Überprüfung nicht zwingend, sondern vielmehr in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt (›soll‹). Von einer Überprüfung kann abgesehen werden, wenn das Gericht in offensichtlich unbegründeten Fällen von einer Überprüfung abgesehen hat (BTDrs 16/6308, 243; MüKoFamFG/Heilmann § 166 Rz 24; Prütting/Helms/Hammer § 166 Rz 21; Haußleiter/Eickelmann § 166 Rz 9; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn § 166 Rz 13; Bartels FuR 19, 77, 80: ›keine mitlaufende Erziehungskontrolle‹; einschr wohl FAKomm-FamR/Ziegler § 166 Rz 5).
Rn 35
Das Jugendamt wird durch die dem Gericht auferlegte Überprüfung seiner Entscheidung nicht von der eigenen Pflicht zur Kontrolle iRd ›staatlichen Wächteramtes‹ nach § 1 II 2 SGB VIII entbunden. Es muss also mit der Familie in Kontakt bleiben und ggf (weitere) Hilfen anbieten, sofern es dies als notwendig erachtet. Auch kann es jederzeit ein neues Verfahren beim Familiengericht anregen (§ 8a II SGB VIII; vgl BTDrs 16/6308, 243; MüKoFamFG/Heilmann § 166 Rz 24; Prütting/Helms/Hammer § 166 Rz 21; Heilmann/Heilmann § 166 Rz 22; Zö/Lorenz § 166 Rz 5; Stößer FamRZ 09, 565, 665).
Rn 36
Anders als in Abs 2 ist in Abs 3 eine Zeitvorgabe für die Überprüfung enthalten: Diese soll idR nach 3 Monaten erfolgen. Soll die von den Eltern zugesagte Bereitschaft zur Kooperation mit dem Jugendamt oder die Wirksamkeit von Hilfen zur Erziehung überprüft werden, wird eine Überprüfung nach 6 Monaten vorgeschlagen (Prütting/Helms/Hammer § 166 Rz 19); im Einzelfall kann auch eine kürzere Frist erforderlich werden (Brandbg NZFam 14, 621: 4 Wochen im Fall einer unterbliebenen Erbausschlagung im Hinblick auf § 1954 I BGB).
Rn 37
Ergeben sich aus der Überprüfung (idR durch Anforderung eines aktuellen Berichts des Jugendamts) Anhaltspunkte dafür, dass eine Kindeswohlgefährdung nicht ausgeschlossen werden kann und (auch nur niederschwellige) Maßnahmen iSv § 1666 III BGB in Betracht kommen, muss vAw erneut ein Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung eingeleitet werden. Anderenfalls endet die Überprüfungspflicht des Gerichts nach einer Überprüfung (Prütting/Helms/Hammer § 166 Rz 22; MüKoFamFG/Heilmann § 166 Rz 29; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn § 166 Rz 11; Zö/Lorenz § 166 Rz 5; aA Haußleiter/Eickelmann § 166 Rz 11: alle 3 Monate). Es ist keine ›Dauerkontrolle‹ der Gerichte über eine Familie vorgesehen oder beabsichtigt (BTDrs 16/8914, 12; Prütting/Helms/Hammer § 166 Rz 22).