Rn 18
Das Gesetz enthält keine Vorgaben, ob im Einzelfall zunächst die biologische Vaterschaft des ASt festgestellt oder in die Prüfung des Kindeswohls eingetreten wird; die Reihenfolge der Ermittlungen steht grds im Ermessen des Gerichts (BTDrs 17/12163, 13; Prütting/Helms/Hammer § 167a Rz 18; MüKoFamFG/Heilmann § 167a Rz 12; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn § 167a Rz 6; Brandbg ZKJ 18, 322; Oldbg FuR 17, 343). Gleichwohl darf die Reihenfolge der Klärung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1686a BGB nicht im Belieben des Gerichts stehen, denn die Betroffenen dürfen nicht mit Grundrechtseingriffen belastet werden, die nicht erforderlich sind. Insb dürfen die Gerichte die Reihenfolge nicht allein aus das Gerichtsverfahren betreffenden Praktikabilitätserwägungen wählen (BVerfG FamRZ 15, 119; Frankf FamRZ 19, 1254). Das Ermessen ist vielmehr in verfassungskonformer Weise auszuüben. Es hat im jeweiligen Einzelfall eine Abwägung zwischen dem durch Art 6 GG gewährten Schutz der bestehenden Familie und dem verfassungsrechtlich grds anzuerkennenden Wunsch des leiblichen Vaters nach Umgang und nach Auskunft über das Kind stattzufinden (BVerfG FamRZ 15, 119; Frankf FamRZ 19, 1254). Zur Vermeidung unnötiger Eingriffe in das Familiengrundrecht kann es geboten sein, die Klärung der Abstammung erst dann herbeizuführen, wenn feststeht, dass die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Ist demgegenüber absehbar, dass die Klärung der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen für die Betroffenen ungleich belastender ist oder aber die Kindeswohlprüfung aufwendiger sein wird, wird dies dafür sprechen, zuerst die Abstammungsklärung vorzunehmen. Demgegenüber scheidet die Klärung der Abstammung vorab aus, wenn unwahrscheinlich ist, dass die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Je wahrscheinlicher es ist, dass die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen und je geringer die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Familienlebens wären, desto eher darf eine Abstammungsuntersuchung vor der abschließenden Klärung der sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen angeordnet werden. Bei der Beurteilung der Beeinträchtigungen des Familienlebens kann insb dem Umstand Bedeutung zukommen, ob die Möglichkeit der leiblichen Vaterschaft des ASt zwischen den Beteiligten streitig ist oder nicht (BVerfG FamRZ 15, 119; Frankf FamRZ 19, 1254; Brandbg ZKJ 18, 322; Oldbg FamRZ 17, 895). IdR wird die Vaterschaftsklärung vor den weiteren zur Kindeswohlprüfung erforderlichen Verfahrensschritten (wie Kindesanhörung, Jugendamtsanhörung, Bestellung eines Verfahrensbeistands, ggf Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens) vorzunehmen sein, weil sich diese häufig als belastender erweisen (Prütting/Helms/Hammer § 167a Rz 18; ders FamRB 15, 52, 53; 13, 298, 301; MüKoFamFG/Heilmann § 167a Rz 12 mwN; Heilmann/Heilmann § 167a Rz 15; Staud/Dürbeck § 1686a Rz 33; Hilbig-Lugani FamRZ 15, 212, 213; AK Nr 9 des 20. Deutschen Familiengerichtstages 2013, DFGT 2014, 129; eher krit Keuter ZKJ 14, 16, 18). Das gilt insb in Verfahren, die lediglich einen Auskunftsanspruch nach § 1686a I Nr 2 BGB zum Gegenstand haben, da hier nur eine negative Kindeswohlprüfung zu erfolgen hat.
Rn 19
Ist für das Gericht unschwer zu erkennen, dass der begehrte Umgangs- oder Auskunftsanspruch jedenfalls aus Gründen des Kindeswohls nicht gewährt werden kann, kann es auf eine Klärung der Vaterschaft verzichten, um die soziale Familie hierdurch nicht unnötig zu belasten, und den geltend gemachten Anspruch schon aus diesem Grund zurückweisen (BTDrs 17/12163, 13; BVerfG FamRZ 15, 119; Bremen FamRZ 15, 266; Hilbig-Lugani FamRZ 15, 212). Hier ist allerdings Zurückhaltung geboten: Weder die strikte Ablehnung der Mutter und des rechtlichen Vaters noch der Umstand, dass das Kind den ASt womöglich noch nicht kennt, sprechen gegen die Kindeswohldienlichkeit eines Umgangs oder eines Auskunftsanspruchs (BGH FamRZ 16, 2082; Frankf FamRZ 19, 37).