Gesetzestext
(1) Das Gericht soll mit der Endentscheidung die Anordnungen treffen, die zu ihrer Durchführung erforderlich sind.
(2) Die Endentscheidung in Ehewohnungs- und Haushaltssachen wird mit Rechtskraft wirksam. Das Gericht soll in Ehewohnungssachen nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 die sofortige Wirksamkeit anordnen.
(3) Mit der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit kann das Gericht auch die Zulässigkeit der Vollstreckung vor der Zustellung an den Antragsgegner anordnen. In diesem Fall tritt die Wirksamkeit in dem Zeitpunkt ein, in dem die Entscheidung der Geschäftsstelle des Gerichts zur Bekanntmachung übergeben wird. Dieser Zeitpunkt ist auf der Entscheidung zu vermerken.
A. Normzweck.
Rn 1
Dem Gericht ist die Möglichkeit eröffnet, Annexanordnungen zu treffen (Keidel/Giers § 209 Rz 1). Das dient nicht nur der Verfahrensökonomie und zügigen Umsetzung der Endentscheidungen, sondern auch dem Schutz desjenigen, an den zugewiesen wird. Es handelt sich um eine Ermessensvorschrift – allerdings verbunden mit dem gesetzgeberischen Auftrag, entsprechend zu verfahren.
B. TB-Voraussetzungen.
I. Ehewohnungssachen.
Rn 2
Das Familiengericht darf Anordnungen treffen, die dem Schutz des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten dienen. Es kommt insb die Verpflichtung zur Räumung in Betracht. Rechtsgrundlage hierfür kann die in § 1361 Abs 3 BGB kodifizierte Wohlverhaltenspflicht der Ehegatten sein. Wird unterstellt, dass die Räumung zwangsläufig der Durchführung, also Umsetzung, der Wohnungszuweisung erfolgen muss, dann kann das Gericht die Räumungsverpflichtung vAw aussprechen. (Hamm Beschl v 23.3.15 – 4 UF 211/14, openJur 15, 16279 = NJW 15, 2349; KG Beschl v 7.3.17 – 18 UF 118/16, FamRZ 17, 1393). Beispiele für weitere Anordnungen: Betretungsverbot der Wohnung; Pflicht zur Herausgabe des Wohnungsschlüssels; Verbot, Mobiliar aus der Wohnung zu entwenden; Belästigungs- und Missbrauchsverbot; Näherungsverbot; Verbot, mit dem Ehegatten Kontakt aufzunehmen; Verbot, den Mietvertrag mit dem Vermieter zu kündigen (FA-FamR/Kaßing Kap 8 Rz 242f).
II. Erstreckung auf Dritte.
Rn 3
ZT wird vertreten, dass sich der Titel in einer Ehewohnungssache auch auf andere erstreckt (ThoPu/Hüßtege § 209 FamFG Rz 29). Das erscheint auf den ersten Blick zum Schutze des verbleibenden Ehegatten oder aber evtl Kinder sinnvoll und notwendig. Aber Kinder sind ohnehin über § 1666 BGB eigenständig geschützt. Eines Schutzes iR eines ›Annex‹ bedarf es also nicht. Und einen Eingriff in die Grundrechte Dritter (zB Art 2 Abs 1 GG oder Art 14 GG) damit zu rechtfertigen, dass iR einer Ehestreitigkeit der eine Ehegatte schutzwürdiger ist als der andere, geht zu weit. Denn die Ehe ist eine höchstpersönliche Angelegenheit. Ein Schutz über eine Annexanordnung ist aber auch nicht notwendig. Denn es gibt jeweils andere und eigene Ansprüche oder Rechte Dritter, die geltend zu machen nicht verwehrt sind.
III. Haushaltsgegenstände.
Rn 4
Ging es im Hauptsacheverfahren um Ausgleichszahlungen für die Nutzung oder Überlassung von Haushaltsgegenständen, kann das Gericht die Fälligkeit, Ratenzahlung oder Stundung anordnen, ggf eine Verzinsung aussprechen oder eine Zug-um-Zug-Leistung feststellen (FA-FamR/Kaßing Kap 8 Rz 148).
C. Hinweise zur Prozesssituation.
I. Vollstreckung.
Rn 5
Die Vollstreckung der Ehewohnungszuweisung nach § 1361b Abs 1 BGB erfolgt nach § 885 Abs 1 ZPO, § 95 Abs 1 Nr 2 Alt 2 FamFG. ZT wird vertreten, dass hieraus eine Räumungsverpflichtung folgt, die über § 209 Abs 1 ausgesprochen werden kann (Hamm Beschl v 23.3.15 – 4 UF 211/14, openJur 15, 16279 = NJW 15, 2349). Entsprechendes gilt für die Herausgabe des Schlüssels, der iRd Wohlverhaltengebots des § 1361b Abs 3 S 1 BGB der Sicherung des Anspruchs auf Wohnungsüberlassung dient. Die wiederholte Vollstreckung aus dem Titel ist gem § 96 Abs 2 FamFG, § 885 Abs. 1 ZPO möglich. (FA-FamR/Kaßing Kap 8 Rz 19).
II. Antrag.
Rn 6
Obwohl ein Haushalts- oder Ehewohnungsverfahren nur auf Antrag eingeleitet wird, wird die Ansicht vertreten, dass Räumung, Herausgabe des Schlüssels und Gewährung einer Räumungsfrist vAw zu treffen sind (Hambg Beschl v 3.8.16 – 2 UF 42/16, FamRZ 17, 1049). Vorsorglich sollte aber ein entsprechender Antrag in der Antragsschrift formuliert sein.